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Auch vier Jahre nach der offiziellen Eröffnung des Walhalla gibt es noch keine fertige Abrechnung der verwendeten Fördergelder.

© A. Klaer

Von Henri Kramer: Dokumente „vergessen“

„Walhalla“-Chef will Unterlagen beschaffen, um Verwendung von 780 000 Euro Fördergeld für Sanierung des Hauses zu belegen

Stand:

Bei der Aufklärung über die Verwendung von 780 000 Euro Fördermitteln für die Sanierung des Varietés „Walhalla“ gibt es Bewegung. So hat der aktuelle Geschäftsführer der „Walhalla“-Betreibergesellschaft Maulwurf gGmbH, Christoph Gügold, nun gegenüber den PNN eingeräumt, dass für die fällige Schlussrechnung über die abgerufenen Sanierungsgelder noch Unterlagen fehlen. Gügold bestätigte auch, dass er Anfang des Monats von der für die Rechnungsprüfung zuständigen kommunalen Sanierungsträger GmbH ein Schreiben erhalten habe, in dem auf mehreren Seiten aufgelistet wird, welche Zahlungsnachweise und Originalrechnungen aus der Sanierungszeit noch einzureichen sind.

Wie berichtet, steht die „Walhalla“- Seite unter erheblichem Druck, vor allem aus der Potsdamer Stadtpolitik. Denn auch vier Jahre nach der offiziellen Eröffnung des Hauses gibt es noch keine fertige Abrechnung, wo welcher Förder-Euro verbaut worden ist. Laut Fördervertrag sollten aber alle Verwendungsbelege sechs Monate nach Beendigung des Bauvorhabens vorliegen. Die 780 000 Euro hatte das brandenburgische Bauministerium über die Stadt Potsdam und die Sanierungsträger GmbH ausgereicht. Seit einer Woche gibt es nun einen CDU-Antrag für die Stadtverordnetenversammlung, den inzwischen auch die Grünen und die FDP mittragen. Darin wird ultimativ gefordert, dass die Prüfung der Schlussrechnung bis Ende November zu erfolgen habe. Sollte dies wegen fehlender Unterlagen unmöglich sein, seien die mit dem „Walhalla“-Träger Maulwurf gGmbH geschlossenen Zuwendungsverträge „unverzüglich“ zu kündigen und die 780 000 Euro zurückzufordern, fordern die Antragsteller.

Die „Walhalla“-Seite will sich nun beeilen. „Ich bin mit Hochdruck damit befasst, die fehlenden Unterlagen beizubringen“, sagte Gügold. Zum Teil habe er nicht gewusst, wo die Dokumente lagern würden. So habe er erfahren, dass ein „ wesentlicher und relevanter Teil“ der vom Sanierungsträger angeforderten Papiere sich bei der Staatsanwaltschaft Potsdam befinden würden. Er habe bereits auf die Herausgabe der Papiere gedrängt, so Gügold: „Die Unterlagen liegen dort wegen eines vor Jahren geführten Ermittlungsverfahrens und wurden dort quasi ’vergessen’“. Da er erst seit vergangenen Winter die Maulwurf gGmbH übernommen habe, habe er noch keinen abschließenden Überblick über die Vorgänge um das Haus, zu denen auch ein erbittert geführter Rechtsstreit zwischen ehemaligen Geschäftspartnern der „Walhalla“-Sanierung gehört.

Bereits im April hatte Gügold die Vorgänge um die Schlussrechnung verteidigt. Er habe bereits 16 Aktenordner zur Sanierungsträger GmbH gebracht – plus einen weiteren Ordner mit Original-Baurechnungen, so Gügold damals: „Mehr Unterlagen habe ich nicht – und ich weiß auch nicht, welche noch fehlen könnten.“

Jetzt betonte Gügold, er habe ein Ingenieurbüro beauftragt mit der Bitte, bei der Aufklärungsarbeit zur Schlussrechnung zu helfen. Auch erklärte er, warum die Schlussrechnung erst Jahre später angegangen würde. So seien die nötigen Sanierungsarbeiten im „Walhalla“ erst im November 2009 – lang nach dessen Wiedereröffnung – beendet worden, so Gügold. Erst danach habe man mit der Rechnungslegung beginnen können. „Walhalla“-Anwalt Jörg-Klaus Baumgart hatte das Warten auf die Schlussrechnung zuletzt auch mit einer „Unterfinanzierung“ des Projektes begründet. Dazu führte Baumgart aus: „Eine Insolvenz der Maulwurf gGmbH hätte der Stadt Potsdam wesentlich schlechter zu Gesicht gestanden, als dies nun eine etwas später eingereichte Schlussrechnung tut.“ Wie berichtet, fürchten Stadtpolitiker, sollten die Fördergelder von der Maulwurf gGmbH zurückgefordert werden, dass das Unternehmen pleite geht und so die Stadt Potsdam die ausgereichten 780 000 Euro Fördergeld an das Bauministerium zahlen müsste.

Unterdessen gibt es neue Erkenntnisse zur Rolle des „Walhalla“-Anwalts Baumgart in dem Verfahren. Den PNN vorliegende Dokumente belegen, dass Baumgart eng verbandelt mit dem Hauptgesellschafter des „Walhalla“-Trägers Maulwurf gGmbh ist. Diese gehört laut Handelsregister zu mehr als 90 Prozent einer L.KCAR Intermetal and Synthetic Limited mit Sitz in Nikosia auf Zypern. Einer der zwei „Directors“, übersetzt „Geschäftsführer“, der Limited ist Baumgart. So steht es in einem Zertifikat aus dem Handelsregister des zypriotischen Industrieministeriums aus diesem Jahr. Auch 2005 und 2007 war Baumgart als „Director“ eingetragen. 2008 kaufte die Limited die Anteile an der Maulwurf gGmbH. Auf Anfrage sagte Baumgart, er vertrete die zypriotische Gesellschaft zwar, sei aber nicht ihr Anteilseigner: „Hieran ist weder etwas heimlich noch verwerflich.“

Mit dem „Walhalla“ kennt sich Baumgart bestens aus: Schon vor dem Kauf 2008 hatte der 48-jährige als Anwalt des früheren „Walhalla“-Chefs Kay-Patrick Bockhold vor Gericht etliche Schlachten um das Haus geschlagen. Auch vor dem Hintergrund dieser Verfahren – um Streitereien zum „Walhalla“ gibt es dutzende Gerichtsentscheide sowie eingestellte Ermittlungsverfahren gegen verschiedene Personen bei der Staatsanwaltschaft – gilt Baumgart in Potsdamer Justizkreisen als schillernde Figur – mit nicht immer sauberer Methodenwahl. Vergangenes Jahr erst bestätigte das Potsdamer Landgericht ein Urteil gegen Baumgart, weil er – auch bei einem „Walhalla“-Verfahren – 2006 unerlaubt Kopien von Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Potsdam an Geschäftspartner einer Person faxte, gegen die ermittelt wurde. Eine Revision gegen die Geldstrafe blieb erfolglos.

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