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Das Forschungszentrum Europäische Aufklärung ist umgezogen
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Das Forschungszentrum Europäische Aufklärung ist umgezogen Es riecht noch neu, in dem flachen Gebäude hinter dem Kutschstall. Weiß gestrichene Wände, Teppich, lange Flure, von denen die Türen zu den Büros abgehen. Am Ende ein Konferenzraum mit großen Fenstern und einer freundlichroten Wand. Hier sitzen Wissenschaftler zusammen und diskutieren über die Zeit der Aufklärung und ihre Wirkung auf die Moderne. Hier werden Pläne für zukünftige Projekte geschmiedet und Besucher empfangen. Im Januar ist das Forschungszentrum Europäische Aufklärung (FEA) in das neue Haus am Neuen Markt gezogen. Von der schönen alten Villa mit dem kleinen Garten in der Jägervorstadt rein in die City. Von der wissenschaftlichen Abgeschiedenheit in die direkte Nachbarschaft zum Einstein Forum, dem Moses Mendelssohn Zentrum und dem Zentrum für Zeithistorische Forschung. „Endlich“, sagt Direktor Günther Lottes, „seelisch waren wir schon lange darauf vorbereitet“. Der schon von der Landesentwicklungsgesellschaft geplante Umzug hatte sich wegen nicht erteilter Baugenehmigungen verzögert. Bauherr ist die Potsdam Tourismus GmbH, eine Tochter der Landesinvesitionsbank. Sie vermietet das Haus an das FEA – und das hat am neuen Standort einiges vor. Patina hat das Gebäude zwar keine, dafür ist es hell, funktional und schlicht schön. Die öffentlich nutzbare Bibliothek ist in einem alten Anbau, einer ehemaligen Reithalle, untergebracht, da wo einst die Königsloge war, werden die Besucher demnächst per Microfish nach alten Büchern suchen, nach ungewöhnlichen Erstdrucken aus dem 17. Jahrhundert, Zeitschriften aus dem 18. Jahrhundert, dem literarischen Erbe der Akademie der Wissenschaften. Doch das wird wohl noch einige Zeit dauern. Noch stehen die historischen Kostbarkeiten und Raritäten zum Großteil in Kartons verpackt neben den hellen Rollregalen auf dem Boden, hinter dem Gitter zum Flur. Und dann ist im Haus noch die ZFF- Bibliothek beherbergt, eine Sammlung von Werken aus dem 18. bis 20. Jahrhundert. Von jetzt an ist es für die Wissenschaftler des FEA ein Katzensprung zu den Forschungseinrichtungen am Neuen Markt. Einmal im Quartal setzen sich die Institute zusammen, erzählt Lottes, und tauschen sich aus. Das Ergebnis sind unter anderem gemeinsame Projekte: Ende des Jahres ist eine Initiative zu Fundamentalismus, Politik und Religion angedacht. Auch ganz andere Zusammenarbeiten kommen zustande, das FEA gestaltet eine Ausstellung im Kutschstall mit. Publikum ins eigene Haus zu holen, wird nun ebenso einfacher. Geplant sind Ausstellungen, Vorträge, Kolloquien und internationale Fachtagungen – die auf wissenschaftlichen Fortschritt ausgerichtet sind und der Öffentlichkeit demonstrieren, was hinter dem Forschungsansatz des FEA steht. Mit dem Tod von Immanuel Kant ging zwar die Epoche der Aufklärung zu Ende, sagt Lottes, dass Projekt Aufklärung allerdings kam damit keineswegs zu seinem historischen Abschluss. Das genau ist das große Thema des Hauses, dem sich das FEA in diesem Jahr auf unterschiedliche Weise nähert. An Wissenschaftler aber in Teilen auch durchaus an „Hobbyhistoriker“ wendet sich die im März startende Veranstaltungsreihe „Im Schatten der Aufklärung: Das tragische Denken des 18. Jahrhunderts“, die das FEA in Zusammenarbeit mit dem Institute Francais de Berlin durchführt. Ein Vortrag geht auf den Vorbildcharakter Frankreichs für Europa ein. Ein internationales Kolloquium befasst sich mit dem Spannungsverhältnis von Aufklärung und dem Tragischen, im Hinblick auf die klassische Tragödie. Das Lebensgefühl der Zeit, in der viel gelacht, diskutiert und geliebt wurde, vermittelt im März eine Filmschau im Filmmuseum. Im Mai diskutieren Wissenschaftler aus aller Welt unter dem Titel „Transformationen der Vernunft“ darüber, wie die Programme und Theoreme der Aufklärung, Begriffe wie Kritik, Vernunft, Säkularisierung, Menschenrechte, Demokratie und Technisierung innerhalb der letzten 200 Jahre rezipiert und umgewandelt wurden. Marion Hartig Die Bibliothek des FEA ist Mo bis Do von 9.30 bis 16 Uhr und Fr von 9.30 bis 12 Uhr geöffnet, Infos unter Tel.: 0331/2781-130/131.
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