Von Kay Grimmer und Sabine Schicketanz: Drei Brände in einer Nacht
Ex-Asylbewerberheim, Kabarett und Lokal „Goldmund“ in Flammen / Polizei: Kein Zusammenhang / Spekulationen über Hintergründe
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Innenstadt / Nedlitz - Eine Serie von Bränden hat Potsdam in Unsicherheit versetzt. Innerhalb weniger Stunden fielen in der Nacht zum Dienstag ein Gebäude des leergezogenen Asylbewerberheims am Lerchensteig, das Lokal „Goldmund“ an der Berliner Straße und Büroräume im Kabarett „Obelisk“ in der Charlottenstraße den Flammen zum Opfer. Menschen wurden bei den Bränden nicht verletzt, die Feuerwehr war mit 90 Mann und 20 Fahrzeugen im Dauereinsatz.
Die Potsdamer Kriminalpolizei geht derzeit nicht von einem Zusammenhang der Brände aus. Die Brandursachen seien noch unklar, die Ermittlungen im Gange. Dazu waren gestern an den Brandorten Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) im Einsatz. Die Spezialkräfte habe der Schutzbereich Potsdam angefordert, so LKA-Sprecher Toralf Reinhardt.
Trotz unklarer Lage gab es gestern in Potsdam Spekulationen über die Hintergründe der Feuer. „Es kann Zufall sein, muss aber nicht“, sagte Gretel Schulze, Chefin des Kabaretts „Obelisk“. Am Vorabend des Brandes habe im Gebäude in der Charlottenstraße 31 unter dem Titel „Feindbild Judentum. Antisemitismus in Europa“ eine Veranstaltung mit dem Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien, Julius H. Schoeps, stattgefunden. In der Berliner Straße 148, in der das ausgebrannte Lokal „Goldmund“ liegt, habe außerdem das jüdische Kultur-, Integrations- und Begegnungszentrum (KiBuz) seinen Sitz. Die jüdische Gemeinde war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Betreiber des „Goldmund“, Kim Konrad, wollte sich explizit „nicht an den Spekulationen beteiligen“. Sein Lokal, Treffpunkt für Künstler und Kulturschaffende, sei völlig ausgebrannt. Dies sei „ein Schock“ für ihn. Vor dem „Goldmund“ hatte Konrad das benachbarte „Fajngold“ betrieben, zu dessen Stammgästen der Deutsch-Äthiopier Ermyas M. zählte. Er war vor drei Jahren bei einem Überfall in Potsdam schwer verletzt worden.
In der Charlottenstraße ist vor allem der Brandenburgische Kulturbund e.V. vom Brand betroffen. Dessen Teeküche in der zweiten Etage samt Zwischenraum sei verheerend ausgebrannt, so Gretel Schulze. Nach Polizeiangaben war zuvor in das Gebäude, das dem Sanierungsträger gehört, eingebrochen worden.
Das Feuer dort sei um 2.30 Uhr gemeldet worden, so die Feuerwehr. Der Brand im „Goldmund“ wurde danach gegen 3 Uhr bekannt, bereits kurz vor 23 Uhr am Montagabend wurde der Brand auf dem einstigen Asylbewerberheim-Gelände der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Lerchensteig gemeldet.
Dort brannte das Haus 2, ein zweistöckiger Fertigteilbau, beim Eintreffen der Feuerwehr lichterloh. Das u-förmige Gebäude mit einer Holzgalerie in der oberen Etage stand zu zwei Dritteln in Flammen, bis gestern früh um 7 Uhr dauerten die Löscharbeiten des Großbrandes, so der Bereichsleiter Gefahrenabwehr Dirk Häusler. Der Brand habe in der hinteren linken Ecke begonnen, sagten Beamte der Kriminalpolizei vor Ort. Begünstigt wurde das Feuer durch mehrere Sperrmüllhaufen im und vor dem Gebäude.
Dass das Feuer durch einen technischen Defekt ausgelöst wurde, schloss die Polizei vor Ort schon am Vormittag aus. Im amtlichen Sprachgebrauch heiße der Verdacht „Umgang mit offenem Feuer“, erklärte ein Kriminalbeamter. Untersucht werde nun, ob aus Fahrlässigkeit oder Vorsatz gehandelt wurde. Bedrohungen gegen den Standort des Heims habe es nicht gegeben, erklärte die Geschäftsführerin der Awo, Angela Basekow, den PNN. Sie bestätigte, dass „Strom und Wasser im Haus abgestellt waren“. Die Nachricht vom Großbrand habe sie „erschlagen“, so Basekow. Das Gebäude ist wie auch das Gelände am Lerchensteig im Eigentum der Awo. Ein neues Konzept dafür wollte Basekow noch nicht öffentlich machen. „Aber wir wollen das Areal weiter nutzen.“
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