
© Uni Potsdam/Karla Fritze
Homepage: Durch die Hintertür
Die Hochschulrektoren Brandenburgs sind vom Koalitionsvertrag enttäuscht. Sie hoffen nun, dass der Bund die Hochschulen über Umwege mitfinanzieren kann
Stand:
Das hatten sie nicht erwartet. Die lang diskutierte Abschaffung des Kooperationsverbotes hat es nicht in den schwarz-roten Koalitionsvertrag geschafft. Die Hochschulrektoren Brandenburgs trifft das besonders hart, denn sie hatten gehofft, dass durch die Abschaffung der in der Föderalismusreform ins Grundgesetz eingefügten Regelung der Bund stärker in die Grundfinanzierung der Hochschulen einsteigen könnte. In den vergleichsweise finanzschwachen Ostländern würde das den permanent unterfinanzierten Hochschulen eine neue Perspektive geben.
„Es ist ein sehr schlechtes Zeichen, dass sich die Abschaffung des Kooperationsverbotes im Koalitionspapier nicht wiederfindet“, sagte der Potsdamer Universitätspräsident Oliver Günther den PNN. Aus Sicht der Hochschulen sei dies bedauerlich, so Günther. Er sei nicht sonderlich optimistisch, dass nun mit Beginn der Regierungsarbeit das Thema erneut zügig angegangen werde.
Der Streit um die Abschaffung der Regelung ist derzeit eine der wichtigsten Fragen der deutschen Bildungspolitik. Das Kooperationsverbot behindert die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich. Seine Aufhebung würde ermöglichen, dass der Bund stärker in Hochschulfinanzierung einsteigen kann. Bislang ist das Ländersache. Als Träger der Hochschulen müssen die Bundesländer deren Grundfinanzierung sicherstellen. Streit um die Regelung gibt es seit Jahren. Die SPD hatte im Wahlkampf in Aussicht gestellt, die Aufhebung verfassungsrechtlich anzustreben. Nun ist der Punkt im Koalitionsvertrag, über den die SPD-Mitglieder bis zum heutigen Freitag abstimmen, mit keinem Wort erwähnt.
Auch der Vorsitzende der Brandenburgischen Landesrektorenkonferenz (BLRK), Wilhelm-Günther Vahrson, bemängelte den Koalitionsvertrag. Eine klare Formulierung zur Grundfinanzierung der Hochschulen fehle in dem Koalitionspapier, so Vahrson. Der entsprechende Passus sei zu wenig konkret. „Ich hoffe aber, dass dies als Hintertürchen für die Aufhebung des Kooperationsverbotes im Hochschulbereich gedacht ist“, sagte Vahrson, der Präsident der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde ist. Gerade kleine Hochschulen in finanzschwachen Ländern wie Brandenburg hätten es schwer, so Vahrson. „Die Hochschulen im gesamten Osten würden von einer klaren Finanzierungszusage des Bundes profitieren.“ So könnte man langfristige Strukturen aufbauen.
Die Potsdamer Bundestagabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) hatte sich im Wahlkampf wiederholt für die Aufhebung des Kooperationsverbotes eingesetzt. Dass das Verbot nun bis auf Weiteres bestehen bleibt, bedauert auch sie. „Das ist sehr unbefriedigend“, sagte sie den PNN. Das Thema sei für viele SPD-Mitglieder ein Grund für die Kritik am Koalitionsvertrag gewesen. Für die SPD bleibe die Abschaffung des Kooperationsverbotes allerdings weiter eine zentrale Forderung, so Wicklein. Sie verweist darauf, dass im Koalitionspapier eine Möglichkeit enthalten ist, Hochschulen durch den Bund mehr Geld zur Grundfinanzierung zur Verfügung zu stellen. „Das ist zumindest eine offene Tür für die Veränderung des Grundgesetzartikels 91b, der derzeit das generelle Kooperationsverbot festlegt.“ Somit sei in jedem Fall mit einer Verbesserung für die Hochschulen zu rechnen, meint Wicklein.
Die Hochschulen werden sich mit der Situation vorerst arrangieren müssen. Immerhin lasse sich, zumindest im Bereich der Forschung, auch mit dem Kooperationsverbot einiges verwirklichen, meint Potsdams Uni-Präsident Günther. Er hält ein verstärktes Engagement des Bundes in der Forschung Brandenburgs über eine noch intensivere Kooperation zwischen Universität und außeruniversitären Forschungseinrichtungen für denkbar. Die Universität beabsichtige über die Uni-Stiftung „Pearls“ eine noch engere Zusammenarbeit, um Forschungsgelder des Bundes einzuwerben. Was das Engagement des Bundes in der Lehre betrifft, zeigte sich Günther allerdings enttäuscht. Man habe gehofft, den Bund beispielsweise im Profilbereich der Lehrerbildung stärker engagieren zu können. „Hier sind die Fördermöglichkeiten weiterhin sehr beschränkt, und das ist sehr bedauerlich.“
Dass gerade Brandenburg nach wie vor im Bundesvergleich bei Hochschulausgaben hinten liegt, zeige den Bedarf, der im Land besteht, erklärte der BLRK-Vorsitzende Vahrson. Von einer Bundesfinanzierung verspricht sich der Eberswalder Hochschulpräsident auch, dass sich dadurch das Land Brandenburg zu einer stärkeren Finanzierung der Hochschulen bekenne. Vahrson hat ausgerechnet, dass allein in dieser Legislatur die Hochschulen des Landes 58 Millionen Euro an Landesmitteln verloren hätten. „Diese Fallbewegung konnte durch die Hochschulverträge gestoppt werden, sie muss jetzt in einen Aufbau umgekehrt werden“, sagte Vahrson. Brandenburg brauche einen Bildungspakt, der Ausbau des Hochschulsektors könne dabei helfen, dem negativen Bevölkerungstrend entgegenzuwirken.
Bundesweit sollen nun laut Koalitionsvertrag insgesamt neun Milliarden Euro für Kitas, Schulen, Hochschulen und Forschung zur Verfügung stehen. Die SPD hatte im Wahlkampf eine Summe von rund zehn Milliarden Euro favorisiert. Neben den sechs Milliarden Euro für Kitas, Schulen und Hochschulen sind weitere drei Milliarden Euro im Bereich Forschung – Exzellenzinitiative, Pakt für Forschung, Hochschulpakt – vorgesehen. Wicklein betont, dass dabei der zusätzliche Mehrbedarf für neue Forschungsprogramme in den außeruniversitären Instituten ab 2015 alleine durch den Bund getragen werden soll. „Das ist eine erhebliche Entlastung der Länder, gerade auch für Brandenburg.“
Die SPD wollte eigentlich die gänzliche Aufhebung des Kooperationsverbotes auch im Bereich der Schulen. Nun läuft es auf einen Kompromiss hinaus. „Wenn es zu einer Großen Koalition kommen sollte, werden wir die Weichen wenigstens dafür stellen, dass eine Grundfinanzierung der Hochschulen durch den Bund kommt“, so Wicklein. Das wäre eine Teilkorrektur der Föderalismusreform von 2006. Den Koalitionsvertrag sieht die Bundestagsabgeordnete als eine erste Grundlage, über die man im Regierungshandeln auch hinauskommen könnte. Das erwartet Wicklein auch beim Bafög. Die weitere Entwicklung der Bundesausbildungsförderung wird im Koalitionsvertrag nicht erwähnt. Man habe sich innerhalb der Koalitionsverhandlungen offensichtlich nicht darauf verständigen können, in welcher Höhe und Form das Bafög angepasst wird. „Es bestand aber Konsens, dass es eine Anpassung geben muss. Wir werden auf eine spürbare Erhöhung drängen.“
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