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Ein Mitarbeiter des deutsch-kanadischen Central European Petroleum mit einem Bohrkopf vor dem Bohrturm im brandenburgischen Guhlen.

© GFZ

Erdöl in Brandenburg: „Durchaus Erfolg versprechend“

Die deutsch-kanadische Central European Petroleum GmbH ist bei Bohrungen im brandenburgischen Guhlen auf Gas und Öl gestoßen. Der Potsdamer Geoforscher Hans-Martin Schulz spricht im PNN-Interview über Erdöl in Brandenburg, woher es kommt und welche Mengen zu erwarten sind.

Stand:

Herr Schulz, in Brandenburg wurde bereits zu DDR-Zeiten nach Erdöl gesucht – jetzt erneut. Ist die Suche denn tatsächlich Erfolg versprechend?

Durchaus. Es geht dabei um Kalksteinschichten aus der Zechstein-Gruppe der Perm-Zeit. Darin gibt es poröse Gesteinsschichten, in die Erdöl einwandern kann. Letztlich bleibt die große Frage, wo das Erdöl herkommt. Zwischen den Gesteinsschichten gibt es auch dunklere tonige Lagen, die einen hohen Anteil an organisch gebundenem Kohlenstoff enthalten. Im Zuge der geologischen Geschichte setzen diese Schichten Erdöl frei. So zumindest die Hypothese.

Woher stammt das Erdöl?

Diese Schichten stammen in Brandenburg vom Südrand des sogenannten südlichen Permbeckens, in dem vor vielen Millionen Jahren ein tropisches Flachmeer existierte und in dem Kalkschichten abgelagert wurden. Diese Schichten gingen dann von einem relativ flachen Bereich in einen tieferen über. In den Kalkschichten des ehemaligen Flachwassers sowie am Schelfhang findet man heute poröse Schichten, aus denen man Erdöl fördern kann.

Wie alt ist dieses Öl?

Man kann davon ausgehen, dass die Gesteine, in denen das Erdöl auftritt, um die 255 Millionen Jahre alt sind. Die Ölbildung fand jedoch viele Millionen Jahre später statt. Ob das Öl aus wesentlich älteren Schichten kommt, ist zurzeit noch in der Diskussion. Dazu gibt es noch weiteren Forschungsbedarf. Das Erdöl, das bei uns gefördert werden kann, ist einst aus Meeresmikroorganismen entstanden, aus kleinen Algen und Bakterien.

Brandenburg ist beim Thema Erdöl kein Neuland.

Es gab in der Tat bereits Funde. Die Firmen betrachten die Bereiche in der Region als Erfolg versprechend, sonst würden sie nicht so viel Geld investieren. Das ganze Verfahren muss ferner eine Genehmigung vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg erhalten. Hinter der Suche steckt also ein recht großer wissenschaftlicher, logistischer und bergrechtlicher Aufwand.

Mit welchem Mengen an Erdöl ist zu rechnen?

Dazu müsste man den genauen Aufbau der Lagerstätte kennen und wissen, wie viel Erdöl überhaupt an der Oberfläche ankommt. Man muss auch wissen, dass das Öl häufig an der Oberfläche schrumpft, da es tief in der Erde unter hohem Druck und hohen Temperaturen ein höheres Volumen hat. Genaue Zahlen kann man daher nicht nennen.

Hätte das Öl eine ähnliche Qualität wie aus anderen Förderregionen?

Davon gehe ich aus. Aber das kann man erst sagen, wenn man es tatsächlich fördert. Man kann nur aufgrund von Computersimulationen etwas vermuten. Der letztliche Beweis ist aber erst bei der Förderung durch Produktionstests möglich. Dann sieht man beispielsweise auch, ob es nur Öl ist oder auch Gas. Es gibt sehr gute Erdöle aus Lagerstätten, die in der geologischen Geschichte bereits Temperaturen von über 80 Grad hatten. Die haben dann keine Abbau-Charakteristika. Wenn das Reservoir allerdings nie heißer als 80 Grad Celsius war, dann kann es sein, dass die guten Bestandteile im Öl von Mikroben mehr oder weniger aufgefressen werden.

Gutes Öl ist also natürlich pasteurisiert?

So könnte man sagen. Daher muss man sich überlegen, in welcher Tiefe die Reservoire in Brandenburg zu finden sind. Wir gehen von einem normalen geothermischen Gradienten von 30 Grad Celsius pro Kilometer aus, das heißt in einem Kilometer Tiefe ist in Kombination mit der Oberflächentemperatur mit einer Temperatur von rund 50 Grad zu rechnen. Die zweite Frage ist, ob es im Untergrund Zuflüsse von Formationswasser gibt, die geeignet sind, einen Abbau zu beschleunigen. Auch das sind Dinge, die erst bei der Produktion erkennbar werden.

Kann die Geoforschung heute das Gebiet auch von oben – etwa per Satellit – sondieren, um solche Reservoirs zu finden?

Das kann Hinweise erbringen. Aber letztlich bringt neben der Analyse der geologischen Geschichte und den Daten aus benachbarten Bohrungen nur die eigentliche Bohrung Gewissheit. Manch eine Bohrung bleibt trocken, während andere eben Erfolg haben.

Gebohrt wird derzeit in Guhlen (Dahme-Spreewald) – ist das die richtige Gegend?

Dazu muss man sich paläogeografische Karten anschauen, die für die Zeit der Zechsteinzeit aufgrund von Bohrungsinformationen rekonstruiert wurden. Aus diesen lässt sich ableiten, wo diese ehemaligen Flachwasser- und Schelfrand-Hanggebiete des ehemaligen tropischen Meeres heute in Brandenburg liegen. Man bohrt nicht in das ehemalige Becken, in dem es wenig Porosität gibt. Auch werden seismische Daten und Ergebnisse von vorherigen Bohrungen hinzugezogen, um ein möglichst komplexes Bild des Untergrundes zu erhalten.

Ist Brandenburg im Bundesvergleich eine besonders erdölreiche Region?

Das wäre wünschenswert. Aber wenn man auf die Karte der Erdöl- und Gasaktivitäten in Deutschland blickt, stellt man die meisten Aktivitäten in Niedersachsen und Schleswig-Holstein fest. Es gibt weitere Aktivitäten im Oberrheintalgraben und in den Voralpen. Im Vergleich dazu war Brandenburg bislang bei der Erdölförderung eher ein etwas zurückgebliebener Landstrich.

Wie sieht es mit der geologischen Konstellation aus – ist eine Bohrung in Brandenburg besonders schwierig?

Nicht unbedingt, man wird hier – wie woanders auch – zwei bis drei Kilometer tief bohren müssen, um an die entsprechenden Schichten zu gelangen. Über der eigentlichen Abdeckschicht, die das Öl am Weiterwandern hindert, gibt es noch sehr unterschiedliche Kalkstein-, Tonstein- und Sandsteinschichten jüngeren Alters, die bis zwei Kilometer mächtig sein können. Aber das ist nicht ungewöhnlich. Es gibt Bohrungen, etwa unter dem Wattenmeer, die wesentlich aufwendiger sind.

Das Gespräch führte Jan Kixmüller

ZUR PERSON: Hans-Martin Schulz forscht in der Sektion Organische Geochemie am Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ).

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