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Von Maren Herbst: Ein Dreieck pantomimisch darstellen

Mathematik-Lernspiel: Ein Pilotprojekt zur Forschungskommunikation am Golmer Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik

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Mathematik und Pantomime? „Ja, das geht“, sagt Carla Cederbaum und lacht bei der Erinnerung an die Schüler, die in der Testphase pantomimisch ein gleichschenkliges Dreieck darstellen sollten. Die 30-jährige Diplom-Mathematikerin ist Promotionsstudentin am Potsdamer Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI) und entwickelt mit einem gemischten Team aus Wissenschaftlerinnen und Kommunikationsexpertinnen ein Brettspiel, das Schüler spielerisch an wissenschaftlich-mathematisches Denken heranführt. Gleichzeitig verdeutlicht das Spiel, wie wichtig mathematisches Wissen für das Verständnis unserer Umwelt ist. Welche Rolle Wissenschaftler dabei haben, erfahren die Spieler von „modulis“ ganz nebenbei auch noch.

Und das geht so: Mindestens zwei gleich große Teams treten gegeneinander an, um möglichst schnell möglichst viele Spielkarten aus fünf verschiedenen Kategorien zu gewinnen. Welche Kategorie dran ist, bestimmt das Würfelglück. Die Spielfiguren mit den Konterfeis berühmter Mathematikerinnen und Mathematiker wandern auf dem Spielbrett im Kreis und zeigen an, von welchem Stapel die nächste Karte gezogen werden muss. Hat die Mannschaft die auf der Karte beschriebene Aufgabe innerhalb einer Minute gelöst, darf sie die Spielkarte behalten.

In der Kategorie „Mach Dich verständlich“ sollen die Spieler mathematische Begriffe erklären, zeichnen oder pantomimisch darstellen. Der Bruch, das Grad oder das Doppelte als Pantomime amüsiert die Spieler und hilft ihnen, sich diese Begriffe besser einzuprägen. Den Kehrwert zu zeichnen oder Begriffe wie Division zu erklären, ohne die Wörter „rechnen“ und „teilen“ zu benutzen, sind ebenfalls spielerische Herausforderungen, die sich einprägen. Spielkarten der Kategorie „Begreife die Welt“ enthalten Aufgaben, bei denen die Spieler den Alltagsbezug von Mathematik herstellen. Dazu gehören Textaufgaben und das Schätzen von Mengen und Maßen, etwa die Länge einer DinA4-Seite.

In der Kategorie „Wie war es wirklich?“ lernen die Spieler Anekdoten und Geschichten rund um die Mathematik kennen. Wie kam es zum Beispiel, dass der Schriftsteller und Philosoph Voltaire einst die Staatslotterie gewann? Und was tat der französische Mathematiker Evariste Galois am Vorabend eines Duells, bei dem er zu Tode kam? Multiple Choice bietet dabei lustige und dennoch wahre Antworten an.

Konzipiert ist das Spiel für Zehn- bis Zwölfjährige. „In dieser Altersstufe entscheidet sich oftmals, ob die Kinder mit Naturwissenschaften weitermachen oder nicht“, sagt Elke Müller, Forschungskoordinatorin am AEI. Mathematik sei für viele ein ungeliebtes Schulfach, aber eine wichtige Grundlage für Technik und Wissenschaft. Wie Nicht-Mathematiker für diese Disziplin zu begeistern sind, testeten Carla Cederbaum und Elke Müller bereits im Jahre 2009 beim Saarbrücker Wissenschaftssommer mit der interaktiven Ausstellung „Von Newton zu Einstein: Eine Reise durch Raum und Zeit“. Mit viel Fantasie, Exponaten und Experimenten brachte ein Team aus Oberstufenschülern und Erstsemestern den Besuchern Cederbaums Forschungsthema näher. Das kam so gut an, dass sie den mit 10 000 Euro dotierten Publikumspreis „Wissenschaft interaktiv“ erhielten. „Wir wollten das Preisgeld nachhaltig nutzen“, erklärt Müller. Deshalb entschieden sie sich, es der Entwicklung von „modulis“ zukommen zu lassen.

„Ich spiele selbst gern“, sagt Carla Cederbaum, die in Freiburg und Cambridge Mathematik, Physik und Informatik studiert hat. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass „lernen und begreifen am besten funktionieren, wenn man dabei selbst aktiv ist“. Im vergangenen Jahr wurde sie zur „MINT-Botschafterin des Jahres 2010“ gekürt (MINT: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Das passt zu ihr, denn sie hat auch ein Kinderbuch über mathematische Zaubertricks veröffentlicht und mathematische Zauber-Workshops für Kinder angeboten. Unlängst hat ihr Team einige Schüler, Eltern, Lehrer und Referendare eingeladen, um „modulis“ auszuprobieren. „Die Schüler hätten gern länger gespielt“, erzählt Cederbaum strahlend.

Die kommenden Monate will sie weiter an „modulis“ feilen. Die Spielanleitung und die Spielkarten werden ab Mai 2011 im Internet kostenlos zum Download angeboten. Wer will, kann sich auch selbst Fragen und Aufgaben ausdenken und diese im Netz anderen Spielern zur Verfügung stellen. „Das Spiel ist erweiterbar und lässt sich auch wunderbar für andere Fächer wie Chemie, Biologie oder Geschichte verwenden. Es muss sich nur jemand die Mühe machen, Fragen und Aufgaben zu entwickeln“, erklärt Cederbaum. Auch ein Spiele-Verlag habe bereits Interesse gezeigt. Sie ist optimistisch, dass bald noch mehr Schüler ihre Überzeugung teilen: „Mathematik ist schön, faszinierend und hält viele Überraschungen parat.“

Voraussichtlich ab Mai 2011 steht das Lernspiel „modulis“ unter www.mathe-modulis.de kostenlos zum Download bereit.

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