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Schrille Masken. Dörthe Weller von „FHP Connect“ und ein mexikanischer Wrestler mit charakteristischem Gesichtsschmuck.

© FHP

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Kulturaustausch: Dörthe Weller engagiert sich an der Fachhochschule Potsdam für ausländische Studierende

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„FHP Connect“ ist ein von Studierenden initiiertes Projekt zur Förderung, Integration und Betreuung ausländischer Studentinnen und Studenten. Damit soll auch der interkulturelle Austausch an der Fachhochschule Potsdam verbessert werden. Das Projekt betreut und koordiniert die Leiterin des International Office, Dr. Uta Kotulla. „FHP Connect“ versteht sich als erste Anlaufstelle für ausländische Studierende, bietet Hilfe „in allen Lebenslagen“, vermittelt Kontakte zu deutschen Kommilitonen und organisiert Tandems, um sprachliche Barrieren zu überwinden und die Eingewöhnungsphase zu erleichtern. Davon profitieren nicht nur die ausländischen Gäste, sondern auch die deutschen Kommilitonen, die damit Interkulturalität zu Hause bzw. an ihrem Studienort (er-)leben können.

Eine der Mitbegründerinnen von „FHP Connect“ ist Dörthe Weller. Auch wenn sich ihr Weg zum Studium vom „üblichen Lebenslauf“, sofern es diesen überhaupt gibt, unterscheidet, erklärt er ihr Engagement für ausländische Studentinnen und Studenten umso besser. Die gebürtige Schwäbin ging nach dem Abitur nach Berlin, absolvierte dort eine Tischlerlehre, machte sich erfolgreich selbstständig und hatte auch Spaß daran, Läden oder Küchen zu bauen. Aber nach einigen Jahren kam es zu einem „Überstau“. „Mir fehlten einfach Zeit und Freiräume, um meine eigene Kreativität ausleben zu können.“ Die damals 28-Jährige dachte, dass sie für ein Studium schon zu alt sei und beschloss, sich einen Job im Ausland zu suchen.

Mit Hilfe von „ASA – Arbeiten und Studieren im Ausland“ fand sie eine Tätigkeit in Peru und baute gemeinsam mit Kindern, die auf der Straße arbeiten und denen sie das Tischlern beibrachte, ein Haus. Dabei merkte Dörthe Weller, dass sie die gestalterische Arbeit wesentlich mehr interessiert. Während sie früher dachte, Design sei konsumorientiert, erfuhr sie jetzt, dass man damit auch soziale Projekte durchführen kann. So reifte ihr Entschluss, nach der Rückkehr nach Deutschland etwas Neues zu beginnen. Nachdem sie erfahren hatte, dass unter 30-Jährige noch BAFöG-berechtigt sind, hörte sie sich um, fand das Aufnahmeverfahren an der FH Potsdam „das sympathischste“ und bewarb sich mit Erfolg für Produktdesign.

Das Thema ihres Aufnahmeverfahrens hieß ausgerechnet „Reise“. Dafür entwickelte sie ein „Heimatmäppchen“, das heute noch zu ihren Lieblings- und Schwerpunktprojekten zählt. Das „Heimatmäppchen“, das eine Mundharmonika, Lieder, Rezepte, Bilder und ähnliches enthält, ist für Dörthe Weller „eine Möglichkeit, die eigene Kultur mit anderen auszutauschen“. In Peru habe sie erlebt, dass die meisten Touristen alles in sich aufsaugen, aber fast nichts geben können. „Mir wurde klar, dass Austausch so nicht funktionieren kann.“ Auch aus diesem Grund findet sie die Arbeit bei „FHP Connect“ so spannend. Insbesondere die Fragen: Was haben wir an Kultur zu geben und wie kann man Austausch ankurbeln? Wie funktioniert es, dass Kulturen sich gegenseitig bereichern können?

Der Beginn des Studiums verlangte von Dörthe Weller, ihr Denken und Handeln umzustellen. Statt des gewohnten pragmatischen Denkens beim Tischlern ging es nun darum, „viel über Projekte zu reden, aber für meinen Geschmack manchmal fast zu wenig zu machen.“ In diesem Prozess begriff sie ihr bisheriges Denken als „engstirnig“ und erfuhr die Art, wie das Designstudium zum Querdenken anspornt und die spezifische Herangehensweise, mit der hier nach Lösungen gesucht wird, als befreiend und spannend. Auch diesmal zog es sie wieder ins Ausland. Im vierten Semester ging sie nach Barcelona an die Escola de Disseny „Elisava“, eine Partnerhochschule des FH-Fachbereichs Design. Den Ausschlag für Barcelona gaben persönliche Gründe, die Sprache war ihr vertraut, außerdem hatte sie dort Bekannte. Rückblickend weiß sie, dass man zwar aus jedem Auslandsaufenthalt etwas für sich ziehen kann, aber sich trotzdem vorher sicher sein sollte, dass die gewählte Schule auch den eigenen Interessen und Ansprüchen entspricht. Für Dörthe Weller, die es am Fachbereich Design der FHP gewohnt war, so „herrlich frei zu studieren und mit den Professoren diskutieren zu können“, war es schon eine Umstellung, in Barcelona zu erfahren: „Der Professor ist der Chef“.

Dort lernt Dörthe Weller auch zwei mexikanische Studentinnen kennen, mit denen sie fachlich viel verbindet. Sie verbringt das letzte Semester in Mexiko und legt dort mit ihren neuen Freundinnen den Grundstein für ein „mexikanisch-europäisches Kollektiv“, das Designprodukte mit mexikanischem Handwerk entwickeln und vermarkten will. Dafür recherchiert sie während ihres Mexikoaufenthalts, besucht Betriebe und baut Kontakte auf.

Gleichzeitig beschäftigt sie sich im Rahmen ihres Studiums mit der Typografie an mexikanischen Hauswänden und widmet ihr freies Projekt dem mexikanischen Wrestling – Lucha Libre. Dieser Volksport, zu dem alle gehen, Arme und Reiche, die Oma mit dem Enkel, hat es Dörthe Weller angetan und wird sie auch in der nächsten Zukunft beschäftigen: „Die mexikanischen Wrestler tragen wundervolle Masken, für Designer eine wahre Freude. Mein nächstes internationales Projekt wird eine Ausstellung mexikanischer Wrestler in Deutschland sein.“ Dörthe Weller bleibt sich auch damit treu und zeigt, wie sich Auslandsaufenthalt und Kulturaustausch gegenseitig befruchten.

Patrizia Reicherl

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