Landeshauptstadt: Ein Gott wird eingekleidet
Die Altamerikanistin Ursula Thiemer-Sachse sagt: Im Maya-Kalender ist keine Rede vom Weltuntergang
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Die Weihnachtseinkäufe kann man sich sparen – wenn man glaubt, dass am 21. Dezember alles zu Ende ist, wie es angeblich der Maya-Kalender orakelt. Völliger Blödsinn, meint Ursula Thiemer-Sachse, Professorin für Altamerikanistik an der Freien Universität Berlin, die am Dienstag in der Urania Potsdam mit einem Vortrag über die Maya versuchte, Aufklärungsarbeit zu leisten – und zu beruhigen: „Wir können Weihnachten feiern.“
Die Inschrift auf einer über 1300 Jahre alten Steintafel aus Tortuguero in Mexiko ist daran „schuld“, dass seit einigen Jahren Weltuntergangswarnungen und Theorien über einen kosmologischen Umbruch umhergeistern. Thiemer-Sachse zeigt die Inschrift des ominösen Datums, das sich aus sechs verschlungenen Glyphen zusammensetzt: „Vor einigen der Glyphen sieht man eine Hand, die eine Schnecke hält – das entspricht einer Null“, erklärt sie. Für den besagten Zeitpunkt spricht ein weiterer Teil der Steintafel vage von der Ankunft eines Gottes, eine mögliche Übersetzung lautet: „Es wird geschehen das Einkleiden des Gottes und eine große Investitur“. Nachfolgende Teile der Steintafel sind durch Erosion unkenntlich geworden – was oder ob etwas nach diesem Ereignis passieren wird, ist völlig unklar. „Aber von Weltuntergang ist da keine Rede“, so Thiemer-Sachse. Vielmehr muss man die Inschriften als kosmologische Zahlenspielereien der Maya-Priester verstehen.
Dazu komme die Schwierigkeit, dass die Maya-Schrift noch nicht völlig entschlüsselt sei: „Das Übersetzen von Maya-Texten ist immer ein großes Raten.“ Weltuntergangspropheten glauben, mit dem Datum ende der Maya-Kalender und damit auch die Welt, wie wir sie kennen. „Nicht der Kalender ist zu Ende, sondern nur ein Zyklus, der im Jahr 3114 vor Christus begann“, sagt Thiemer-Sachse. „Danach wird einfach weitergezählt.“
Es wäre nicht der erste Weltuntergang, der ausgefallen ist: Thiemer-Sachse verweist auf die Jahre 1000, 1524 oder 2000, für die es ebenfalls solche Prophezeiungen gegeben habe: „Der Weltuntergang ist ein Lieblingsthema der Menschen. Damit wird die menschliche Schwäche angegriffen, dass wir nichts Klares über die Zukunft sagen können. Es werden Urängste geschürt.“ Dieses Bedürfnis nach Weltuntergängen werde sich auch nicht auflösen, wenn das Ende der Welt – wieder mal – ausgefallen sei. Sie sei erstaunt darüber, dass ein von Menschen erfundener Kalender, der nur in einem bestimmten Kulturraum gültig war, etwas mit einem kosmischen Ereignis zu tun haben soll. Zudem hatten die Maya-Priester die „Lange Zählung“ im neunten Jahrhundert bereits aufgegeben.
Unter den Nachfahren der Mayas in Mexiko gebe es übrigens keine Ängste vor der 2012-Prophezeiung, so Thiemer-Sachse: „Das ist dort überhaupt kein Thema.“
Und so schickt sie die Potsdamer beruhigt in die letzten Tage der Vorweihnachtszeit. Erik Wenk
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