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Landeshauptstadt: Ein halber Hektar Wildnis

Am Samstag besserten BUND-Mitglieder die Holzpalisaden um die „Wildnisinseln“ im Buga-Park aus

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Bornstedter Feld – Wer bei „Wildnis“ an weitläufige, menschenleere Gebiete denkt, wird enttäuscht sein: Denn die drei „Wildnisinseln“ im Waldpark des Buga-Parks umfassen gerade mal einen halben Hektar, 5000 Quadratmeter. Hundert Meter von Straße und Tramschienen entfernt kann sich die Natur dort allerdings entwickeln als ob es keine Menschen gäbe: Das jedenfalls ist die Idee hinter dem Projekt des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), der die Gebiete seit 2001 auf unbefristete Zeit gepachtet hat. „Mini-Mini-Nationalparks“ nennt BUND-Kreisvorsitzender Jost Kremmler die Inseln. Es geht darum, „in städtischen Lebensräumen Wildnis zuzulassen“, erklärt er: „Man kann es doch auch einfach mal wachsen lassen.“

Ganz ohne menschliche Hilfe klappt das dann doch nicht: Die Wildnis in der Stadt braucht vor allem Schutz. Etwa 500 Meter lang ist die Schichtholzhecke, eine Art Palisade aus kleinereren Stämmen und Reisigbündeln, die Menschen den Eintritt verwehrt. Am vergangenen Samstag traf sich Kremmler mit einer Handvoll Aktivisten zum Arbeitseinsatz: Es galt, diese Holzhecke auszubessern.

Anderthalb Meter hoch soll der Schutzzaun eigentlich sein, erklärt Kremmler: „Das Holz wird schneller morsch als gedacht.“ Etwa zweimal pro Jahr mussten bisher Äste nachgelegt werden. Am Samstag verbauten die Naturschützer fünf Kubikmeter „Amerikanische Roteiche“. Das Holz stammt nicht etwa aus Amerika, sondern aus dem Krampnitzer Forst, beruhigt Kremmler.

Was hinter der Hecke passiert, beobachten regelmäßig Wissenschaftler und Studierende der Biologie und Geoökologie an der Universität Potsdam. Sie erfassen jedes Jahr die Pflanzen und Tiere auf dem Gebiet. So wachsen zwischen Pappeln und Robinien zunehmend auch junge Birken und Eichen. Die Tierwelt ist geprägt von verschiedenen Vogelarten wie Amsel, Goldammer, Grünfink und Zaunkönig, aber auch zahlreichen Käferarten. Die Insekten könnten sich in Zukunft noch vermehren: So erwarten die Wissenschaftler unter anderem die Ansiedlung des „Eichen-Heldbocks“ – bisher ist der vom Aussterben bedrohte Käfer allerdings nicht nachgewiesen.

Der bis zu fünf Zentimeter lange „Heldbock“ hatte erst neulich in Potsdam für Aufregung gesorgt (PNN berichteten): Denn 14 Brutbäume des seltenen Käfers stehen auf dem ehemaligen Kasernengelände an der Nedlitzer Straße, wo der „Campus am Jungfernsee“ entstehen soll. Investor ist unter anderem SAP-Mitbegründer und Wissenschaftsmäzen Hasso Plattner. 7000 Quadratmeter Wald sollen laut Bebauungsplan für Stadtvillen und Gewerbemöglichkeiten weichen. Gutachter Dr. Jörg Scheffler hatte die Planungen allerdings „aus Sicht des Artenschutzes nicht als positiv bewertet“. Zwar sollen die Brutbäume stehen bleiben: Die Bebauung rückt laut Scheffler jedoch zu dicht an sie heran. Jana Haase

Kontakt zum BUND Kreisverband Potsdam unter Tel.: (0331) 23 70 01 41.

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