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Landeshauptstadt: Ein Hauch von DNA

Der diesjährige Nachwuchs-Wissenschaftlerpreis der Stadt Potsdam geht an die Biologin Sabine Kahlau

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Innenstadt - Kaum ist sie in Potsdam richtig angekommen, da ist sie schon wieder auf dem Absprung. Die Biologin Dr. Sabine Kahlau, die gestern Abend im Rahmen des Einsteintages im Nikolaisaal den mit 5000 Euro dotierten Potsdamer Nachwuchswissenschaftlerpreis erhielt, wird nächsten März bereits nach Perth in Australien umziehen. Dort wurde ihr gleich nach der Promotion eine Stelle in der Forschung angeboten. Das gehe nicht gegen Potsdam, sagt sie. Vielmehr wolle sie nun erst einmal im Ausland arbeiten, um dort Erfahrungen zu sammeln und ihr Englisch aufzubessern. Ähnlich wie ihr Vorgänger Christian David Ott, der Preisträger 2007, räumt die junge Frau aber auch ein, dass es in Deutschland problematisch sei, als Nachwuchswissenschaftler in der Forschung eine unbefristete Anstellung zu finden. So sei ihr der Entschluss nach Australien zu gehen, nicht sonderlich schwer gefallen.

Sabine Kahlau lebt sei 2004 in Potsdam. In ihrer Forschungsarbeit an der Universität und dem Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie ist es ihr gelungen, die Plastiden-DNA der Tomate komplett zu entschlüsseln und mit der DNA-Sequenz anderer Nachtschattengewächse zu vergleichen. Letztlich konnte sie nachweisen, dass die Prozesse, die in der grünen Tomate ablaufen, in der reifen nicht mehr genetisch aktiviert sind – bis auf eine Genfunktion zur Fettsäuresynthese. Grundlagenforschung, die es einmal ermöglichen soll, mit Hilfe von Tomatenproteinen beispielsweise Impfstoffe zu produzieren.

Wichtig sei dabei auch, dass die Geninformationen in den Plastiden nicht über die Pollen der Tomatenpflanzen weitergegeben werden. Womit ungewollte Auskreuzungen gentechnisch veränderter Pflanzen – ein Kritikpunkt der Gentechnik-Gegner – ausgeschlossen sind. Die sogenannten Plastiden sind eigenständige Einheiten in der Zelle, die eigene Erbinformation enthalten. Die Forschung daran ist sehr aufwendig und speziell. „Das können weltweit kaum andere Forschergruppen“, stellt die Potsdamerin fest. Es sei nicht einfach gewesen, die winzigen Tröpfchen mit DNA, etwa ein Milliardstel Liter, auf einem Bio-Chip aufzutragen. „Ein Hauch von Erbinformation“, umschreibt es Prof. Bernd Müller-Röber, der im Nikolaisaal die Laudatio auf die Preisträgerin hielt.

Ziel der Forschungsarbeit ist es letztlich, die Menge an Proteinen in der Tomate zu erhöhen, um sie biotechnisch interessant zu machen. Möglich wäre es dann etwa, Proteine zu züchten, die Antibiotika ersetzen. „Das wäre vor dem Hintergrund der steigenden Antibiotika-Resistenzen eine sehr interessante Perspektive“, sagt die junge Forscherin, die in diesen Wochen gerade erst 30 Jahre alt geworden ist. Die ethischen Probleme der Gentechnik-Gegner teilt sie nicht. Sie sieht eher Chancen und Möglichkeiten, die für die Menschen in der Biotechnologie liegen.

Sabine Kahlau kommt aus Aachen, wo sie auch studiert hat. Nach Potsdam hat es sie zur ihrer Promotion verschlagen, weil ihr Doktorvater in die Havelstadt gewechselt war. Ein Entschluss, den sie nicht bereut hat. Es gefällt ihr in Potsdam, wo sie direkt im Zentrum wohnt. Und sollte es sich nach ihrem Aufenthalt in Australien ergeben, würde sie auch wieder an die Havel zurückkehren. Einen Teil des Preisgeldes will sie ohnehin für Rückflüge nutzen.

Aus Tomaten macht sich die Forscherin eigentlich nicht viel. Was aber nicht weiter tragisch ist, will sie sich doch in Australien nun der Forschung an der Ackerschmalwand (Arabidopsis) zuwenden. Jan Kixmüller

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