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Landeshauptstadt: Ein Landtag, der ins Stadtschloss passt

Außen Knobelsdorff, innen Parlament: Zwei Potsdamer legen Entwurf für Neubau am Alten Markt vor

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Innenstadt - Christopher Kühn und Olaf Mauga wollen geschafft haben, was anderen jahrelang nicht gelungen ist. Die Potsdamer, 29 und 27 Jahre alt, haben den neuen Brandenburger Landtag im Baukörper des Knobelsdorffschen Stadtschlosses untergebracht. Ein Unterfangen, das lange als kaum möglich angesehen wurde – das Stadtschloss, so hieß es, sei einfach zu klein gewesen. Doch Kühn, Diplom-Ingenieur für Architektur und Städtebau, und der Diplom-Betriebswirt Mauga wollen nun das Gegenteil beweisen: Mit einem Architekturentwurf, der in Kubatur und Fassade exakt dem Knobelsdorff-Schloss nachempfunden ist, innen aber moderne Büros und einen Plenarsaal für rund 150 Abgeordnete bietet.

Was das Geheimnis des Landtagsschlosses von Kühn und Mauga ist? Eigentlich gibt es keins. Der Potsdamer Fachhochschul-Absolvent Kühn hat lediglich versucht, die Räume im Schlossbau optimal auszunutzen. Dazu habe er, erklärt Kühn, zwei Geschosse „eingehängt“. Auf der Schnittskizze seines Entwurfs (Bild unten) wird schnell deutlich, was gemeint ist: Zwischen dem ersten und dem zweiten Stockwerk des Schlosses finden sich zwei schmalere Geschosse mit immerhin 3,05 Metern Raumhöhe. Sie „hängen“ vom Obergeschoss herunter und schaffen vor allem eines: Platz für Büros. Wie viele Quadratmeter es für die 150 Abgeordneten sein müssten, die nach einer Länderfusion von Brandenburg und Berlin in den Landtagsneubau am Alten Markt ziehen könnten, steht in der vom Land in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie. Darauf haben sich nun auch Kühn und Mauga bezogen – ihrer Meinung nach mit Erfolg. Die geforderten Büroflächen seien geschaffen, und auch einen Plenarsaal gibt es.

Für den musste Kühn nicht einmal den Innenhof des Schlosses überbauen: Das Plenum hat seinen Platz im ehemaligen Gartensaal des Schlosses im Südflügel. Dieser könnte nach dem Kühn-Entwurf einer der zwei Orte im Landtagsschloss werden, in dem sich Historie und Moderne verbinden. Denn der junge Architekt hat für den Plenarsaal eine Glaswand-Lösung erdacht: Danach wird der Saal von Glas umschlossen, das mit den Zeichnungen des Gartensaals aus der Feder Knobelsdorffs bedruckt ist. Damit könne man das Schloss erleben, ohne es im Inneren nachzubauen, sagt Kühn. Sein Entwurf sieht außerdem den originalgetreuen Wiederaufbau des Treppenhauses an der Innenhof-Fassade des Südflügels vor. Eine Einschränkung gibt es allerdings beim Landtagsschloss von Kühn und Mauga: Einzelbüros für Abgeordnete sind darin nicht vorgesehen. Zwischen zwei und 20 Parlamentarier und ihre Mitarbeiter müssten sich Büroräume teilen. Die genaue Gestaltung könne sich aber nach dem Bedarf richten, sagen die Potsdamer.

Was mit ihrem Entwurf geschehen wird, ist offen. Sie seien weder von einer politischen Partei noch von einem Unternehmen damit beauftragt worden, so Kühn. Die Auseinandersetzung gehe zurück auf seine Diplomarbeit aus dem Jahr 2003. Damals hatte Kühn einen modernen Landtagsbau für den Alten Markt entworfen und dafür von seinen Freunden – dem Betriebswirt Olaf Mauga, dem Philosophie- und Politikstudenten Alexander Leffers, dem angehenden Verkehrsingenieur Mathias Knies und Steffen Siegert mit Bachelor of Arts-Abschluss – Unverständnis geerntet. Nach langen Diskussionen hätten sich die Freunde bereits vor zwei Jahren geeinigt: Wird in Potsdams Mitte ein neuer Landtag gebaut, muss er aussehen wie das alte Stadtschloss. Intensiv arbeite er seit einem halben Jahr an dem Entwurf, sagt Kühn – unentgeltlich. Die vergangenen vier Wochen habe er sich dafür frei genommen. „Wir wollen einfach etwas für die Stadt und die Menschen tun“, erklärt er. Wenn viele Potsdamer deutlich machten, dass sie das Schloss wieder haben wollten, habe ein Neubau am Alten Markt kaum eine Chance, so Kühn. Sein Entwurf solle zeigen, dass es möglich sei, den Landtag als Schloss zu bauen – besonders vor dem Hintergrund des Vergabeverfahrens mit sechs europäischen Bieterkonsortien, die sich um den Bau des Landtags in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) beworben haben (PNN berichteten).

Auf eine Kostenkalkulation für ihren Entwurf haben Kühn und Mauga allerdings verzichtet. „Wir könnten jetzt behaupten, dass der Landtag so 85 Millionen Euro kostet – aber hinterher wird es immer teurer“, so Mauga. Und wenn die Potsdamer und Brandenburger das Schloss wirklich wollten, würden die Kosten nicht mehr das wichtigste Argument sein, meint der Betriebswirt Mauga.

Ihr Landtagsschloss stellen Christopher Kühn und Olaf Mauga heute Abend gegen 20.15 Uhr bei der Dinner-Demo der Initiative Mitteschön auf dem Alten Markt vor.

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