Homepage: Ein lebendiges Gebilde Die Anglistin Ilka Mindt erforscht Alltagssprache
„Frendz, ist in Ordnung, das entspricht dem Klang, den das Wort im Englischen hat“, stellt Ilka Mindt fest. Als der Sohn der Professorin für Englisch an der Universität Potsdam sich das T-Shirt mit dem phonetisch geschriebenen, englischen Wort für „Freunde“ kaufte, war er nicht sicher, ob seine Mutter das durchgehen lassen würde.
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„Frendz, ist in Ordnung, das entspricht dem Klang, den das Wort im Englischen hat“, stellt Ilka Mindt fest. Als der Sohn der Professorin für Englisch an der Universität Potsdam sich das T-Shirt mit dem phonetisch geschriebenen, englischen Wort für „Freunde“ kaufte, war er nicht sicher, ob seine Mutter das durchgehen lassen würde. Aber Ilka Mindt ist keine kleinkrämerische Buchstabensammlerin. Sie begreift die Sprache als ein lebendiges Gebilde, das sich im ständigen Wandel befindet.
Im April 2009 erhielt die 39-jährige Hochschullehrerin den Ruf an die Universität Potsdam, seit dem Wintersemester 2009/2010 unterrichtet sie angehende Lehrer und Sprachwissenschaftler. Die Universität Würzburg, die sich auch um die Nachwuchskraft bemüht hatte, ließ Mindt abblitzen. „Die Bedingungen in Potsdam waren einfach besser“. So zog sie mit ihrem Mann, der Lehrer für Geschichte und Deutsch ist und gegenwärtig auf die beiden Kinder aufpasst, nach Brandenburg: „Das war ein runde Sache, die Uni ist sehr familienfreundlich.“
Bei ihrer Forschung in Würzburg, Hannover und Innsbruck hat Mindt das „Verhältnis von Schriftlichkeit und Mündlichkeit im Englischen“ untersucht. Schrift und Sprache wandeln sich. Immer mehr nähert sich das geschriebene Wort der Sprache an. Das sei nicht verwunderlich, schließlich würden Lieben und Leiden, Fachwissen und Klatschgeschichten längst über neue Medien wie Twitter, Internet-Blogs und Chatrooms ausgetauscht. Weil bei Twitter schon die Zahl der möglichen Zeichen begrenzt ist, fordert die elektronische Eilpost neue Ausdrucksformen. Oft werden Buchstaben durch Zeichen oder Zahlen ersetzt.
Der rasante Wandel im Kommunikationsgeschehen, den technische Neuerungen in den vergangenen Jahren provoziert haben, war jedoch nicht unmittelbar das Thema der Forschung von Ilka Mindt. Zunächst einmal hat sich die Dozentin durch die gesammelten Ausgaben der TIME-Magazines von 1923 bis 2006 gewühlt. Was dem Chemiker sein Reagenzglas und dem Biologen sein Rasterelektronenmikroskop, ist dem Linguisten sein Sprachkorpus erklärt die Wissenschaftlerin. In dem sind die versammelten Ausgaben der englischen Zeitung bis ins Detail ausgewertet. Jedes Wort ist nach seiner Häufigkeit sortiert und nach seiner Verwendung in einem bestimmten Zeitraum und seiner Beziehung zu anderen Themenkomplexen.
„In den 60er Jahren waren die Hippies in Mode“, sagt Mindt, dementsprechend tauche in diesem Zeitraum Flower Power und ähnliches auch häufig in der gedruckten Zeitung auf. Mittlerweile haben sich Sprache und Zeitgeschehen gewandelt. Was früher der Fernsehabend mit der Familie ist heute das „Infotainment“ im Internet, begleitet vom „Multitasking“ bei der Haushaltsbewältigung. Dennoch würden sich die Änderungen der Sprache eher langsam vollziehen. „Es verschieben sich Proportionen und nicht gleich ganze Sprachblöcke. Auch im Journalismus vollziehen sich Änderungen eher langsam“, hat Mindt bemerkt.
Die gesamte Lebensumwelt spiegelt sich in der Sprache, meint Mindt. „Über Global Warming wird erst seit ungefähr 20 Jahren diskutiert. Emails gibt es ungefähr genauso lange. Daher tauchen die Worte erst ab diesem Zeitpunkt in der Zeitung auf.“ Mit wissenschaftlicher Akribie hat sie Diagramme und Kurven erstellt, aus denen auch grafisch deutlich wird, wie sich Neuerungen in der Sprache vollziehen. Um 1920 wären in den Zeitungsnachrichten fast nur Beschreibungen und Fakten zu finden gewesen, in den vergangenen Jahrzehnten aber verwendete der Journalismus mehr direkte Rede: „Dadurch wird der Text lebendiger“. Die Passivform sei überhaupt nicht mehr angesagt und auch in wissenschaftlichen Texten eher auf dem Rückzug. Auch in Hochschultexten würde dieser neue Zeitgeist nun Einzug halten.Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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