Von Henri Kramer: Ein Pisa-Erfolg und viele Probleme
Gestern besuchten Vertreter von Schülerzeitungen die SPD und Brandenburgs Bildungsminister
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Holger Rupprecht ist gestresst. „Mein Pisa-Tag ist noch nicht beendet“, sagt Brandenburgs Bildungsminister den jungen Schülern vor sich. Seit dem Morgen stehe er unter der „Fuchtel“ von Journalisten, die vor allem eine Frage wissen wollen würden: Wie sind die besseren Ergebnisse erklärbar, die Brandenburgs Schüler in dem Bildungstest erreicht haben?
Die Schüler im Brandenburger Bildungsministerium hören aufmerksam zu. Es ist der letzte Programmpunkt eines langen Dienstags. Seit 10.30 Uhr sind sie Gäste der Brandenburger SPD-Fraktion und ihres Pressesprechers Florian Engel. Den sogenannten Tag für Schülerzeitungsredakeure veranstalten die Sozialdemokraten einmal im Jahr. Mit dem Tag des Pisa-Ergebnisses liegt er dieses Jahr strategisch gut, der SPD-Bildungsminister kann viel Aktuelles erzählen und beispielsweise vom Brandenburger „Erfolgsmodell“ der Oberschule schwärmen. Oder trotz aller positiven Botschaften selbstkritisch einräumen, dass Bildung in Brandenburg wieder mehr davon abhängt, ob Eltern viel oder wenig Geld verdienen. Warum das so ist, weiß Rupprecht noch nicht so genau. „Aber das macht mir als Sozialdemokrat besondere Sorgen“, sagt der Minister. Da sei es ihm sogar lieber, bei Pisa insgesamt schlechtere Ergebnisse zugunsten von mehr Chancengleichheit verkünden zu können.
Sieben Stunden nun sind die Schüler schon unterwegs, der Tag hat in der SPD-Fraktion im Landtag begonnen. Trotz des langen Programms können sie noch Fragen stellen, die viele der Probleme zeigen, die Bildungsminister Rupprecht in den kommenden Jahren verfolgen werde. „Wir haben einfach nicht genug Kinder“, sagt er und meint vor allem die ländlichen Regionen in Prignitz und Uckermark. Als ein Beispiel nennt er das Modell von Schule wie in der früheren DDR: Eine einfach Schule für die Klassen 1 bis 10, daneben eine weiterführende für die Klassen 9 bis 12. „Wenn wir es so machen, haben wir nur noch Schulen in Städten“, so Rupprecht. Und prognostiziert, gerade für Kinder aus ländlichen Regionen immer längere Wege in einem immer dünneren Schulnetz: „Lösungen ohne Internat sind da nicht vorstellbar.“
Carlo Siebenschuh vom Fläming-Gymnasium Belzig denkt an dieser Stelle weiter. Was passiert mit dem System von Pflicht- und Wahlfächern in den letzten beiden Jahren des Gymnasiums, wenn immer weniger Schüler da sind, die es nutzen? Rupprecht denkt kurz nach und nickt. „Ich hoffe nicht, dass wir das Kurssystem beerdigen müssen“, sagt der Bildungsminister – und doch scheint die Art, wie er von dem Problem der sinkenden Schülerzahlen redet, fast zwangsläufig. Rupprecht versucht sich in Prognosen: Vielleicht könne das Übergangsmodell ähnlich wie das DDR-Abitur sein. Dabei seien alle Schüler in einer Klasse, jedoch könne jeder zwei zusätzliche Stunden frei wählen, je nach Angebot der Schule, sagt Rupprecht: „Die Mathecracks können dann mehr Mathe machen.“
Es sind viele solcher Minister-Wahrheiten, die die Schüler an diesem Pisa-Dienstag über Brandenburgs Bildungssystem hören. Auch für diese Art von Sympathiewerbung für Landespolitik veranstaltet die SPD ihren Tag für Schülerzeitungsredakteure. „Schülerzeitungen können prägend für das Bewusstsein der Schulgemeinschaft sein“, erklärt Florian Engel. Deswegen seien die 130 Brandenburger Schülerzeitungen auch idealer Ansprechpartner für die Politik .
So muss sich selbst Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) eine Stunde Zeit nehmen. Doch auch er kann sofort die Nachricht des Tages verkünden: Brandenburg ist Pisa-Aufsteiger des Jahres. Ihn fragen die Schüler aber andere Dinge. Warum zum Beispiel die Tickets für den Weg in die Schule nicht gänzlich kostenlos sind. Weil kein Geld da ist, sagt Platzeck. Denn letztlich kämen auch solche Zuschüsse aus Steuermitteln. „Und damit muss der Staat sparsam wirtschaften.“
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