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Landeshauptstadt: Ein rastloses Leben

Schausteller Wolfgang Sendler wird heute auf dem Goethe-Friedhof beigesetzt

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Etwa 1,75 Meter groß, mollig um die Taille, immer im Einsatz für „seine“ Schausteller, so kannten nicht nur die Potsdamer den Vorsitzenden des Brandenburgischen Schaustellerverbandes Sanssouci e.V. Wolfgang Sendler. Eine Gehirnblutung riss den einsatzfreudigen Verbandsvorsitzenden mit 48 Jahren völlig unerwartet aus dem Leben.

Von Kindheit an war das Herumreisen Sendlers Welt. Sesshaft wurde er nur kurz während seiner Ausbildung, doch wer echtes Schaustellerblut in den Adern hat, der kann von Märkten und Messen nicht lassen. Wolfgang Sendler, bekannt durch sein Café Sanssouci, mit dem er bundesweit unterwegs war, hielt es nie lange hinter der Theke mit den leckeren Kuchen und Torten aus. Den Betrieb hielt meist Ehefrau Bärbel aufrecht,während sich Wolfgang unermüdlich für die Belange aller Schausteller einsetzte. Mit der Potsdamer Stadtverwaltung trug er zum Beispiel so manchen Kampf aus, bis es endlich auch in der Landeshauptstadt einen annehmbaren Festplatz zu verträglicher Platzmiete gab. Und er zögerte nicht, die Medien einzuschalten, um in schwieriger Lage das Beste für die Schausteller herauszuholen, deren Sorgen um steigende Benzinpreise und Gebühren er nur zu gut kannte. Als letztes Kunststück – niemand hätte bei dem fröhlichen, quicklebendigen Mann damals an ein Ende seiner Tätigkeit gedacht – organisierte er zum Tag der deutschen Einheit in Potsdam noch einmal ein geradezu verblüffendes „Ausweichmanöver“. Wegen der vielen Festlichkeiten zum Einheitstag war der Lustgarten belegt und die Schausteller mussten auf den Bahnhofsvorplatz umziehen. Es wurde einer der schönsten Herbstmärkte in Potsdam trotz der Einschränkungen durch Bäume und Parkbuchten.

Wolfgang Sendler, 1957 in eine Schaustellerfamilie hineingeboren, wurde auf Reisen groß, musste seine Schulbildung immer wieder an anderen Orten vervollkommnen. Für drei Jahre blieb er in Potsdam und absolvierte unter anderem im Interhotel seine Ausbildung als Koch. Danach ging er aber sofort zum fahrenden Volk zurück. Er heiratete eine Frau, die ebenfalls aus einer Schaustellerfamilie kam. Die beiden bekamen zwei Töchter. Und Wolfgang und Bärbel Sendler konnten in diesem Jahr noch ihre Silberne Hochzeit feiern.

1980 machte sich Sendler mit einer Geisterbahn und einem Schießwagen aus dem elterlichen Betrieb selbstständig, ließ sich dann aber 1992 nach eigenen Plänen das „Café Sanssouci“ bauen. Wie von der Schaustellerei konnte er auch von der Herstellung der Torten und Kuchen nicht lassen und fertigte sie für sein Café selbst an.

Nach der Wende gehörte Sendler zu den Gründungsmitgliedern des Brandenburgischen Schaustellerverbandes „Sanssouci“ e. V. und arbeitete im Vorstand mit. 2004 übernahm er dessen Vorsitz aus den Händen von Schwager Hans-Georg Müller.

Von 1999 bis 2001 war Wolfgang Sendler stellvertretender Bundesfachberater im Deutschen Schaustellerbund und seit 2001 Spezialist für reisende Zeltgastronomie. Sendler war bekannt für sein Fachwissen und seine Kompetenz in lebensmittelrechtlichen Fragen des Schaustellergewerbes. Er arbeitete an neuen gesetzlichen Regelungen und Verwaltungsvorschriften maßgeblich mit, insbesondere im Bereich der Lebensmittelhygiene. Doch seine Kollegen konnten sich mit allen Problemen an ihn wenden und wenn es etwas durchzuboxen galt, dann nahm der kämpferische Vorsitzende des Brandenburgischen Schaustellerverbandes immer wieder auch hohe Hürden.

Wolfgang Sendler wird heute um 10 Uhr auf dem Friedhof in der Goethestraße beigesetzt. Hella Dittfeld

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