Landeshauptstadt: Ein Raubtier friert
Massen von Marienkäfern ziehen jetzt in ihre Winterquartiere
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Sie suchen nach kleinsten Ritzen im Mauerwerk, Hohlräumen unterm Putz, in Jalousienkästen: Dass es in den Nächten und manchmal auch tagsüber bereits empfindlich kühl wird, merken nicht nur die Menschen. Auch allerlei Krabbelgetier, Käfer, Spinnen, Schmetterlinge und selbst Fledermäuse suchen sich jetzt zum Überwintern warme Plätzchen. Da kann es schon mal vorkommen, dass unter bestimmten Bedingungen auch auffällig viele rot-schwarze Marienkäfer unterwegs sind – wie in diesen Tagen in Potsdam.
„Ein ganz normales Herbstphänomen“ nennt Detlef Knuth, Direktor des Potsdamer Museums für Naturkunde, dieses Verhalten. Die Insekten und Spinnen haben in der Regel eine Lebenserwartung von sechs Monaten, die zweitgeborene Generation muss also den kalten Winter überstehen und das Überleben der Art sichern. Dazu suchen sie sich warme Verstecke. „Es wird jetzt frostig, ab morgen erwarten wir wieder niedrigere Temperaturen“, sagt Knuth. Alles drängt jetzt ins Warme und sucht Schutz. Weil es sich aber tagsüber manchmal noch aufwärmt, wenn die Herbstsonne angenehm scheint, kommen die Insekten wieder aus den Verstecken hervor, um noch mal an Hauswänden Sonne zu tanken und Futter zu suchen. Dass dabei der Marienkäfer besonders hervorsticht, liege naturgemäß an seiner Signalfarbe für Fressfeinde. „Sie sind nicht appetitlich, etwas bitter“, so Knuth.
Zumeist handelt es sich bei dem jetzt auftauchenden Marienkäfer um den Asiatischen. Der sei an den weißen Flecken am Kopfteil erkennbar. Punktierung und farbliche Gestaltung des Körpers können sehr variieren. Den Asiatischen Marienkäfer gibt es noch gar nicht so lange in Europa. Eingeführt wurde er vor etwa 20 Jahren, um auf biologische Art die Blattläuse zu bekämpfen. „Eine gute Idee“, so Knuth. „Der Marienkäfer ist ja ein Raubtier.“ Doch dann sei er aus den Gewächshäusern ausgebüxt. Ob er langfristig eine Gefahr für den heimischen Kollegen darstellt, werde sich zeigen.
Zumindest für Gebäude, in denen er überwintert, stellt der Marienkäfer keine Gefahr dar. Auch falls es mal ein paar mehr Tiere sein sollten, die geballt in einem Haus Unterschlupf suchen. Allerdings ist der kleine Käfer bei Weinbauern unbeliebt. Gern versteckt er sich gegen die Nachtkühle massenhaft unter den Trauben und gelangt unter Umständen mit der Weinlese in die Maische oder den Most. Dann kann die Weinqualität empfindlich leiden, der Geschmack wird beispielsweise als bitter beschrieben.
Hübsch anzusehen und keine Plage sind jetzt im Herbst ausgewachsene Prachtexemplare der Schmetterlinge, die einem begegnen, bevor sie sich endgültig in ihr Überwinterungsversteck verkriechen. Tagpfauenauge, Distelfalter, Admiralfalter und Kleiner Fuchs sind heimische Arten. Und auch Libellen müssen irgendwie durch den Winter kommen und im Frühling Eier für die nächste Generation legen. Steffi Pyanoe
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