zum Hauptinhalt

Homepage: Ein weicheres Deutschland

FH-Vortrag über Deutschland-Marketing in Großbritannien

Stand:

FH-Vortrag über Deutschland-Marketing in Großbritannien Tilman Hanckel hat keinen leichten Job. Er ist Botschaftsrat und Leiter der Abteilung Kultur der Deutschen Botschaft in London und hat den bedeutungsschweren Auftrag, in dem Königreich Interesse für Deutschland zu wecken. Auf einer Insel, deren Bewohner jeglichem Festland nur wenig Aufmerksamkeit schenken. „Von den Briten, die per Flugzeug oder Schiff die Insel verlassen, machen das 80 Prozent allein aus geschäftlichen Motiven“, erklärt der Diplomat. Frage ohne Antwort Trockenen Humor pur bekamen die zahlreichen Gäste des jüngsten Vortrags in der Civitas-Vorlesungsreihe der Fachhochschule Potsdam im Palais am Stadthaus serviert. „Branding Germany – oder: Wie verkaufe ich Deutschland“ hieß die von Gastredner Tilmann Hanckel aufgeworfene Frage – die allerdings auch am Ende des informativen und unterhaltsamen Abends ohne Antwort blieb. Es gibt viele Gründe, warum Deutschland-Marketing in Großbritannien kein Zuckerschlecken ist, erklärt der Diplomat, der in PR für Deutschland langjähriger Fachmann ist, Hanckel war im Auftrag der Bundesregierung in Harvard, Washington und Südafrika. Die Arbeit in Großbritannien werde stark eingeschränkt durch den deutschen Blick gen Osten, durch Umorientierungen und Kürzungen. Dabei spielen die Deutsch-Britischen Beziehungen für die Zukunft eine entscheidende Rolle, sagt Hanckel. „Wird Großbritannien sich mehr dem europäischen Kontinent oder den USA zuwenden“, fragt der Diplomat. „Wie geht es mit Großbritannien und der EU weiter?“ Aus deutscher Sicht gehe es darum, in Großbritannien das Bild eines kompetenten Deutschlands zu vermitteln, dass als zentrales europäisches Land in transatlantischen Fragen etwas zu sagen habe. Die Diplomatie bereitet den Boden für die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit der Länder, beschreibt der Botschaftsrat. Und das in einem Land, das sich nicht besonders für Deutschland interessiert. Umfragen zufolge haben 50 Prozent der Briten keine Meinung zu Deutschland, berichtet Hanckel. Nicht die britischen Vorurteile bestimmen das Verhältnis zu Deutschland, sondern die Unkenntnis über das Land jenseits der Nordsee. Deutsche Verfassung, soziale Marktwirtschaft oder Demographie, darüber wisse der durchschnittliche Brite wenig – auch wenn er deutsche Produkte konsumiere, einen Daimler-Chrysler fahre und Jil Sander trage. Auch der Blick in die Geschichte mache die Sache nicht leichter. Mit Blick auf den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg – während zur gleichen Zeit das britische Empire zusammenbrach – komme britische Schadenfreude gegenüber der wirtschaftlichen Misere in Deutschland auf. Nicht viel Material Soweit zum hintergründigen Ernst der Lage. Aber genau den will der Diplomat in seiner Marketing-Strategie nicht aufgreifen. Der Austausch in Sachen Hochkultur funktioniere prima. Sein Ziel ist, „weichere“ Faktoren zu transportieren. Ein entspanntes Deutschland, in dem man die Loveparade feiert und Spaß am Leben und der Kultur hat. Demnächst fährt der Diplomat wieder nach England zurück. Viel Material hat er für seine Marketing-Taktik noch nicht gefunden. Den Ende Oktober in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienenen Artikel über „Die deutsche Finsternis“ will er lieber nicht mitnehmen. Marion Hartig

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })