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Aus dem GERICHTSSAAL: Ein Wutanfall bleibt ohne Folgen Gerichtsverfahren gegen Schwangere eingestellt

Sophia S.* (26) kommt aus Italien.

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Sophia S.* (26) kommt aus Italien. Am 30. September vorigen Jahres ging das Temperament mit der Kellnerin richtig durch. Mit einem gezielten Tritt zerstörte sie gegen 15.40 Uhr eine Scheibe des Gebäudes der Commerzbank – grundlos, wie es in der Anklage wegen Sachbeschädigung heißt. „Ohne Grund würde ich nicht sagen“, begehrte Sophia S. zu Beginn der Verhandlung im beschleunigten Verfahren auf. „Die Bank hatte mir mein Konto gesperrt. Und das bloß, weil sie angeblich meine aktuelle Adresse nicht kannte. Ich hatte Hunger und war schwanger. Aber ich bin nicht an mein Geld herangekommen.“ Da habe sie aus Verzweiflung und Panik zugetreten, sagte die Potsdamerin.

„Und was hat sich durch den Tritt geändert?“, fragte Amtsrichterin Waltraud Heep. „Ist das Toastbrot danach wie Manna vom Himmel gekommen?“ Das nicht, parierte die Angeklagte, die ihr Kind demnächst erwartet. „Aber es war ja nicht das erste Mal, dass die Bank Mist gebaut hat. Und meine EC-Karte funktionierte auch nicht.“ Da hätten eben die Hormone die Oberhand gewonnen. „Wie soll mein Kind im Bauch wachsen, wenn ich nichts zu essen habe? Wenn ich das Baby verloren hätte, hätte ich dann die Bank verklagen können?“, wollte die Hartz-IV-Empfängerin wissen. An ihre Mutter habe sie sich nicht wenden können, um ein paar Euro für die nötigsten Einkäufe zu bekommen. „Die hat ja auch kein Geld erhalten“, sagte Sophia S.

Die Commerzbank bezifferte den ihr entstandenen Schaden auf „zirka 100 Euro“. Einen Antrag auf Wiedergutmachung stellte sie bisher nicht. „Ich würde sagen, wir machen die Akte einfach zu“, befand Richterin Heep und stellte das Verfahren mit Zustimmung aller Prozessbeteiligten ohne Auflagen ein. „Die Angeklagte ist nicht vorbestraft.“ Zum Zeitpunkt ihres Ausrasters habe sich Sophia S. offenbar in einer Ausnahmesituation befunden. Ob die Bank nicht doch noch eine Rechnung schicke, könne sie allerdings nicht sagen. „Und lassen Sie in Zukunft das Treten sein“, warnte die Vorsitzende abschließend. (*Name geändert.) Hoga

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