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So schön wars 2014. In der lauen Sommernacht an der Anlegestelle am Fuße des Hans Otto Theaters.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Eine Stadt in ihrer ganzen Fülle

Die Schiffbauergasse präsentiert sich Mitte Juli 24 Stunden lang auf dem Kulturmarathon

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Alles, bloß kein Sommerloch: Mitte Juli lädt die Schiffbauergasse zu ihrem inzwischen traditionellen Kulturmarathon. Von Samstag, 11. Juli, mittags an bis zum Sonntag, 12. Juli, 14 Uhr wird das Gelände zwischen Tiefen See und Berliner Straße zur „Stadt für eine Nacht“ erklärt. Kurz vor der Sommerpause der Theater soll das Areal als pulsierendes Zentrum der Kulturszene im weitesten Sinne noch einmal aufleben; Künstler, Wissenschaftler und erstmals auch Handwerker präsentieren sich, laden ein zum Mitmachen, Zuschauen, Tanzen und Begegnen – mit einer Fülle von rund 80 Veranstaltungen in 24 Stunden, „eine künstlerische Installation einer Stadt“, wie Tobias Wellemeyer, Intendant des Hans-Otto-Theaters (HOT) bei der Präsentation des Programms sagte.

„Die Stadt für eine Nacht“, kurz „Sfen“ genannt, sei inzwischen eine Erfolgsstory, sagte Potsdams Kulturbeigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU). 2010 aus der Taufe gehoben, um den Kulturstandort zu beleben, hat sich das 24-Stunden Festival mittlerweile zu einem der größten Publikumsmagnete in der Landeshauptstadt entwickelt. Noch sei man nicht in der Ziellinie, was das Standortmanagement betrifft, sagte Magdowski. Aber in den vergangenen Jahren zählte „Sfen“ immerhin jeweils 25 000 Besucher – darunter vor allem Familien und Jugendliche.

Wie lebt eine Stadt 24 Stunden lang, komprimiert auf engstem Raum – mit Zelten, Hafencontainern, Hütten und sogenannten Raumkörpern? Von 42 Bewerbern sind rund 30 eingeladen, um die Räume zu bespielen. Unter ihnen Kulturschaffende, Kunstvereine und wie in den vergangenen Jahren Wissenschaftseinrichtungen – vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung, das sich dem Thema Lebensenergie widmet, über das Naturkundemuseum, die Biosphäre bis hin zum Urania Planetarium. Auch die Universität Potsdam wird nach einer Pause wieder dabei sein, mit einer Echokammer des Studiengangs Europäische Medienwissenschaften. Erstmals sei auch das Handwerk ins Programm mit aufgenommen worden, sagt HOT–Intendant Wellemeyer. Mit den zwei Unternehmen Braukontor aus Potsdam und der Neuen Ziegelmanufaktur aus Glindow sei das „basicmäßig ein guter Start für eine Stadt“, so Wellemeyer augenzwinkernd.

Auch die Kulturschaffenden der Schiffbauergassen zeigen die Arbeiten der aktuellen Saison: So zum Beispiel das HOT sein gefeiertes Stück „Zorn“, „das erfolgreichste politische Gegenstück der Spielzeit“, wie Wellemeyer sagte. Für die Zuschauer wird damit die „Stadt für eine Nacht“ auch zur einer Gelegenheit, diese Inszenierung und andere Stücke, ob Tanz Livehörspiel oder vielleicht Kreativangebote für Kinder bei freiem Eintritt zu erleben.

Des Nachts dann, wenn viele Familien mit ihren Kindern sich bereits aus der Stadt verabschiedet haben, gibt es Konzerte und Diskos, die vor allem jugendliche Nachtschwärmer anlocken. Es sei interessant, sagte Wellemeyer, wie des Nachts das Publikum sich wandelt. Wer durchhält bis zum nächsten Morgen, kann um 6 Uhr mit Yoga den Tag beginnen, bevor der Erlebnismarathon am Sonntag mit Ausstellungen, Lesungen und Tanzworkshops bis zum Nachmittag fortgesetzt wird.

Das sei kein Überangebot, sondern einfach Vielfalt, die anregend sei, wiederherzukommen sagte Jens-Uwe Sprengel, künstlerischer Leiter des T-Werk. Dahinter stehe ein hoher Aufwand und auch Wellemeyer bekräftigt: „Das ist eine enorme Anstrengung zum Ende der Spielzeit. Aber das macht schon Sinn.“

Die Kulturverwaltung fördert die „Stadt für eine Nacht“ mit 140 000 Euro und damit mit 25 000 Euro mehr als im vergangenen Jahr. Während Jens-Uwe Sprengel vom T-Werk das Format des 24-Stunden-Festivals auch künftig beibehalten will, schwebt HOT-Intendant Tobias Wellemeyer Größeres vor: Aus der Stadt für eine Nacht könnte eine ganze Woche werden. Sieben Tage lang über mehrere Monate hinweg inszeniert sich die Schiffbauergasse als künstlerisches Nukleo einer Stadt zu einem bestimmten Thema. Über einen längeren Zeitraum hinweg würde sich so eine Kulturinstallation aufbauen, die in einem Abschlussfest mündet. „Das kostet schon nochmal eine ganze Menge Mühe und Geld. Aber ein Traum wäre das.“ Die Schiffbauergasse würde dies zweifelsohne auch jenseits des Sommers dauerhaft lebendiger werden lassen.

Grit Weirauch

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