zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Einfach mal eine Dose leersprühen

Neues Kulturprojekt: Teenager aus dem Schlaatz und Groß Glienicke lernen gemeinsam Breakdance, Trommeln und Graffitikunst

Stand:

Metallrohre, eine Plastikkanne, mehrere Blumentöpfe und eine ausrangierte Waschtrommel – mehr braucht es nicht, um Musik zu machen. „Es geht einfach darum, mit wenigen Mitteln einen geilen Beat zu machen“, erklärt Cikomo Paul. Um den Schlagzeuglehrer herum stehen 20 Teenager, er lässt die Drumsticks über die improvisierten Instrumente flitzen.

Das Trommeln ist nur eine „Street-Culture“-Kunstform, die Besucher am Samstag bei der Auftaktveranstaltung des Jugendkulturprojekts „Break it, Spray it, Beat it!“ im Bürgerhaus am Schlaatz angetestet haben: Im großen Saal wurden die Grundlagen des Breakdance vermittelt, draußen lud eine zehn Meter lange Graffiti-Wand zum Sprayen ein.

Es handelt sich um den Startschuss zu einem langfristigen Projekt: In jedem der drei Bereiche – Drum’n’Beats, Breakdance und Graffiti - wird es künftig wöchentlich kostenlose Workshops für Jugendliche zwischen zwölf und 18 Jahren geben. „Wir wollen die Kids von der Couch holen, damit sie aktiv und kreativ werden“, sagt Projektleiterin Ina Beu vom Jugendclub Alpha. Die Ergebnisse sollen am 28. Juni beim „Swamp Of PDM“-Open-Air vorgestellt werden. Gefördert wird das Projekt mit 22 000 Euro vom Bundesbildungsministerium.

Nicht nur die Dauer der Aktion ist eine Besonderheit, sondern auch dass neben dem Bürgerhaus am Schlaatz und der benachbarten Gesamtschule am Schilfhof auch das Begegnungshaus Groß Glienicke zu den Kooperationspartnern zählt, in dem die Workshops ebenfalls stattfinden. So sind unter den mehr als 100 Besuchern des Samstags auch mehrere Jugendliche aus Groß Glienicke gewesen, etwa die 15-jährige Tine Bartsch. Sie hat sich ein paar Farbdosen geschnappt und macht die ersten Versuche auf der Pappwand, über die sich bereits unzählige bunte Muster erstrecken: „Ich sprühe zum ersten Mal, es ist ganz lustig“, sagt sie, nachdem sie ihre Staubmaske vom Mund entfernt hat. „Man kann sich einfach mal richtig kreativ auslassen“, findet auch der 13-jährige Dennis Göpel. „Mein Vater ist Malermeister, ich werde ihn mal fragen, ob er mir ein paar Farbdosen besorgen kann.“ Jugendclub-Mitarbeiter und Projektleiter Benjamin Riese freut sich über die vielen Besucher: „Wir wollen mit dem Projekt Jugendliche über die Stadtteilgrenzen hinaus zusammenbringen“, sagt er. „Das gab’s so vorher noch nicht.“

Grundlegende Tipps gibt's vom erfahrenen Künstler Mark Straeck: „Man muss aufpassen, dass man sich die Kleidung nicht versaut und nicht den Nachbarn versehentlich ansprüht.“ Im weiteren Verlauf der Workshops werde er noch genauer auf Arbeitstechniken sowie Regeln und Werte der Graffiti-Kultur eingehen, so Straeck. Dazu gehöre vor allem eines: „Respekt im Allgemeinen und vor anderen Leuten.“ Eine wichtige Regel, denn das Thema Illegalität schwingt beim Sprayen immer wieder mit; in Potsdam hatte die Polizei für 2012 rund 800 Fälle von Sachbeschädigung durch Graffiti und Farbschmierereien gemeldet, etwa 110 davon wurden aufgeklärt. „Ich sage den Teilnehmern des Workshops natürlich, auf welchen legalen Flächen man sprayen kann“, sagt Straeck. Benjamin Riese weist zudem darauf hin, dass der Workshop auch eine Form von Prävention sei, um illegales Sprayen zu vermeiden: „Vielen reicht es schon, genau wie heute einfach mal so eine Dose an einer Übungswand leerzusprühen, damit ist die Neugier bei vielen schon befriedigt.“

Wer mehr Bewegung braucht, der ist beim Breakdance-Workshop von Vincent Grätz und Johanna Tietz genau richtig: „Wenn eure Beine nach links gehen, stützt ihr euch auf der rechten Hand ab“, erläutert Grätz den 30 Jugendlichen, die im Kreis um ihn herum sitzen. „Versucht einfach mal meine Bewegungen nachzumachen“, sagt er und lässt seine Beine aus der Hocke um den Körper kreisen. Auch hier ist – wie beim Trommeln – aller Anfang schwer: Die ungewohnten Bewegungen sorgen bei vielen Teilnehmern erst mal für gewisse Gleichgewichtsprobleme und kurze Lachanfälle.

Ina Beu ist sich sicher, dass viele der Jugendlichen längerfristig dabei bleiben werden: „Wenn wir 15 bis 20 Teilnehmer pro Workshop haben, wäre das optimal." Und am Ende der sechs Monate steht vielleicht eine Show, die sich gewaschen hat.

Im Internet:

www.jugendclub-alpha.de

www.begegnungshaus-ev.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })