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Nach dem Trainerwechsel: „Einfach nur peinlich“

Viele SVB-Fans sehen die Entlassung Dietmar Demuths mit Wut und Sprachlosigkeit

Stand:

Bei den Fans des SV Babelsberg liefen am Montagabend die Telefone heiß. Erste Informationen über die Entlassung von Trainer Dietmar Demuth liefen auch in den Fanforen im Internet und über das soziale Netzwerk Facebook. Die Kommentare waren eindeutig: Unwürdig, hinterhältig, nicht zu fassen, eine krasse Provinzposse. Weil die Vereinsspitze erst am Tag später über den Schritt informieren wollte, herrschte weithin Verwirrung. Weil die Lage völlig unklar war, verabredeten sich die Fans, um sich über die Lage auszutauschen. Sie trafen sich in Kneipen in Berlin und in Babelsberg. In der Neuköllner Fan-Kneipe „Astra Stube“ informierte Roland Schröder, der aus Protest gegen die Demuth-Entlassung aus dem Vereinsvorstand zurückgetreten war, die aufgebrachten Fans. Im „Nowawes“ und im „Hiemke“ in Babelsberg äußerten Fans am Montagabend die Befürchtung, im Hintergrund könne die DKB-Bank als Sponsor und Gläubiger des Vereins die Fäden ziehen und Druck ausüben.

Was den Fans des SVB sauer aufstieß, war die „fehlende Transparenz“. Nicht einmal auf der Homepage des Vereins im Internet war irgendeine Information zu bekommen, sodass Spekulationen Hochkonjunktur hatten. Vereinsgeschäftsführer Klaus Brüggemann dagegen wurde mit harter Kritik überzogen, Die Fange- meinschaft befürchtete einhellig eine Orientierung hin zum seelenlosen „Event-Fußball“. Der SV Babelsberg 03 habe – gerade auch durch Dietmar Demuth – ein hohes Identifikationspotenzial, welches durch den Ausverkauf des Vereines als stark gefährdet eingeschätzt wird. Zudem habe Demuth das sportliche Ziel, den Klassenerhalt erreicht. Auch sonst habe Demuth erst den Aufstieg in die Dritte Liga möglich gemacht.

„Was hier absolut fehlt, ist das Menschliche“, kritisierte etwa Lutz Boede vom Fanbeirat. „So etwas muss einfach diskutiert werden. Jeder Trainer sollte eine Chance haben, wenn es um Ideen zur Veränderung geht. Nur wenn er diese nicht mittragen kann, ist eine Entlassung gerechtfertigt. Hier wurde das Gespräch aber überhaupt nicht gesucht.“ Boede sieht SVB-Geschäftsführer Klaus Brüggemann ebenso wie zahlreiche andere Fans als „treibenden Keil“. „Als er vor wenigen Wochen sagte, die Trainerfrage sei endgültig vom Tisch hat er den Fans schamlos ins Gesicht gelogen. Ich glaube ihm kein Wort mehr.“ Während Dietmar Demuth die sportlichen Ziele mit der Mannschaft erfüllen konnte, wurden die finanziellen Vorhaben hingegen nicht erreicht. Boede: „Hier ist eindeutig der falsche Kopf gerollt.“

Die Unsicherheit der Fans schlug stetig in Verärgerung um, da sie sich – im Gegensatz zur Finanzkrise im vergangenen Jahr – außerstande sahen, überhaupt noch Einfluss zu nehmen. Damals hatten sie für den Verein Spenden gesammelt und sich von der neuen Vereinsspitze einen neuen Umgang mit den Fans und mehr Transparenz versprochen. Einige Fans diskutierten sogar ernsthaft, dem Verein den Rücken zu kehren. Dass auch Präsident Thomas Bastian für die Beurlaubung Demuths gestimmt hatte, sorgte für zusätzliche Verbitterung. Im Internet wird mittlerweile explizit zur Abberufung des Vorstandes und des Geschäftsführers aufgerufen.

„Das Ganze hat für mich etwas von Fremdschämen, es ist einfach nur peinlich“, sagt Maik Dudzak vom Fanbeirat. „Zuerst war ich einfach nur sprachlos, inzwischen sind Wut und Resignation hinzugekommen. Es ist unverständlich und mehr als verwunderlich, wie man eine solche Entscheidung treffen kann.“ Demuth habe das Minimalziel erreicht und hätte die „Chance zum Umkrempeln“ verdient. Der Verein habe sich für die Dritte Liga entschieden – aber eben auch mit Demuth. Und die Fans, so Dudzak, würden nun jedenfalls Druck auf den Verein ausüben. Wie dieser aussehen wird, bleibt abzuwarten. Denn noch ist die Wut wohl zu groß.

Als der Verein am Dienstag zu seiner Pressekonferenz bat, blieben die Tore des Karl-Liebknecht-Stadions für die Fans geschlossen, die später auch keinen Zugang zum VIP-Bereich erhielten, in dem die Gründe für den Trainerwechsel dargelegt wurden. „Das hat es noch nicht gegeben“, erklärte Roman Böttcher vom Fanbeirat, der mit etwa 20 Gleichgesinnten auf der Tribüne ausharrte. „Einigen von uns wurde sogar mit einer Klage auf Hausfriedensburch gedroht“, erzählte der junge Mann. a„Wir haben“, so Böttcher, „das ungute Gefühl, dass eine Bank in Form der DKB immer mehr an Einfluss in unserem Verein gewinnt und eigene Spielregeln aufstellt.“

Böttcher stellte eine Außerordentliche Mitgliederversammlung in Aussicht, für die am Abend die Teilnehmer einer spontanen Zusammenkunft von rund 180 Nulldrei-Anhängern mit einigen Vorstandsmitgliedern auf den Stadionrängen einen Antrag formulierten und gleich unterschrieben. Ziel soll die Abwahl des jetzigen Aufsichtsrates sein, der Demuths Entlassung am Wochenende abgesegnet hatte. Für eine solche Mitgliederversammlung sind mindestens 180 Unterschriften nötig.

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