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Gegrilltes zum Tage. Die Christdemokraten feierten den 20. Tag der Deutschen Einheit an der Glienicker Brücke und vergaben kostenlos Einheitswürstchen.

© Manfred Thomas

Von Günter Schenke: Einheitlich wie immer

20. Tag der Deutschen Einheit: Festkonzert in der Nikolaikirche, CDU-Feier an der Glienicker Brücke

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20. Jahrestag der deutschen Einheit: In Potsdam wurde das Jubiläum begangen wie sonst der alljährliche Feiertag. In der Nikolaikirche fand am Vorabend ein Festkonzert statt, am Sonntag lud die Potsdamer CDU zur Feier an die Glienicker Brücke. Zum Jubiläum veranstaltete gestern die Gedenkstätte Lindenstraße 54, ehemaliges Stasi-Untersuchungsgefängnis, einen Tag der offenen Tür. Potsdam und die deutsche Einheit: ein Stimmungsbild von den Veranstaltungen.

NIKOLAIKIRCHE

Die deutsche Einheit, eine runde Sache? Diese rhetorische Frage stellte Heilgard Asmus auf der Jubiläumsfeier Samstagabend in der voll besetzten Nikolaikirche. Die Generalsuperintendentin verglich die „runde Sache“ mit dem Kirchenbauwerk mit der mächtigen Kuppel und ansonsten „mit Ecken und Kanten.“ Aber: „Wir haben nur diese eine Einheit.“

US-Botschafter Philip D. Murphy erinnerte in seiner Festansprache daran, dass kein Politiker der damals feindlichen Blöcke die nahe Einheit Deutschlands vorhergesehen habe. „Erinnern Sie sich nur daran, dass Bundeskanzler Helmut Kohl nur ein Jahr zuvor, im Herbst 1988, gefragt wurde, ob Präsident Gorbatschow den Deutschen wohl irgendwann die Einheit anbieten würde.“ Die Antwort Gorbatschows habe gelautet: „Ich schreibe keine futuristischen Romane wie H.G. Wells, Ihre Frage entspringt dem Reich der Fantasie.“ Noch nach dem Fall der Mauer sei der Zeitpunkt der Vereinigung in Jahren, und nicht in Monaten bemessen worden. Murphy wie auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) würdigten die Rolle der Kirchen beim Vereinigungsprozess. Jakobs erinnerte an die Demonstrationen im Oktober 1989 in der damaligen Klement-Gottwald-Straße und erwähnte namentlich die Pfarrer Hans Schalinski und Martin Kwaschik. Zum heutigen Zustand der Stadt sagte er: „Potsdam ist aufgeblüht.“

Die Stars des Abends waren zweifellos die Musiker der Neuen Potsdamer Hofkapelle und der Nikolaichor, beide unter Leitung von Björn O. Wiede. Der Nikolaikantor brillierte in der Fantasie für Klavier, Chor und Orchester von Ludwig van Beethoven auch als Klaviervirtuose. Das gesamte Ensemble lief bei der Interpretation des selten aufgeführten Werkes zu ganz großer Form auf und erntete begeisterten Applaus. Mit Beethovens 1. Sinfonie leitete die Hofkapelle den Festabend ein. Als Ehrengäste anwesend waren unter anderem der letzte US-amerikanische Botschafter in der DDR, Richard Barkley, und Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD). Zum Verhältnis Potsdam-Bonn bekräftigte dieser: „Die Städtepartnerschaft ist auch 21 Jahre nach dem Mauerfall kein Anachronismus.“ Als Motto wählte Nimptsch, der im „früheren Leben“ Pädagoge war, den Slogan: „Miteinander arbeiten, voneinander lernen und füreinander leben.“

GLIENICKER BRÜCKE

Mit einer eigenen Feier begingen die Christdemokraten gestern den Tag der Deutschen Einheit an der Glienicker Brücke. „Das ist unsere Tradition, die wir seit zwanzig Jahren pflegen“, verteidigte Kreischefin Katherina Reiche den Alleingang ihrer Partei. Und: „In Potsdam macht ja sonst niemand etwas an diesem Tag.“

Gekommen waren Mitglieder des Kreisverbandes Potsdam, der Jungen Union sowie geladene Gäste aus Cottbus und Potsdam-Mittelmark. Rund hundert Menschen bevölkerten das blau-weiße Zelt unmittelbar an der Brücke und die Umgebung der Nike-Statue, die an das Wendejahr 1989 erinnert. Es gab „Einheitswürstchen“, saure Gurken, Kaffee, Kuchen und politische Statements.

Hans-Joachim Ziebarth, nach eigenen Worten ehemals Mitglied der „Ost-CDU“, erinnerte an die erste frei gewählte Stadtverordnetenversammlung, in welcher er Fraktionschef war. 21 Sitze hatte die CDU damals und stellte drei Stadträte. Einer von diesen, Alfred Jaeger, damals zuständig für Gesundheit und Sozialwesen, war gestern ebenfalls gekommen. „Wir haben alle bei Null angefangen“, sagte Ziebarth. Trotzdem könne sich das damals Erreichte sehen lassen. Die CDU habe dafür gesorgt, den Platz für die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte frei zu machen und die Weichen für ein neues „Stadttheater“ gestellt. Dass in Potsdam fünf Gymnasien entstanden, rechnete Ziebarth, der bis vor zwei Jahren als Lehrer tätig war, ebenfalls zu den Erfolgen der Christdemokraten. Die SPD-geführte Landesregierung habe das Leistungsprinzip der „Oberschulen“ über Bord geworfen und auf Gesamtschulen gesetzt, was sich noch heute durch schlechtes Abschneiden der märkischen Schüler räche.

Die Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Potsdam-West/Nord Maike Dencker, die es als „Gnade der Geburt“ bezeichnete, nicht in der DDR-Diktatur aufgewachsen zu sein, kritisierte die Verklärung der DDR-Zeit insbesondere nach der Regierungsbeteiligung der Linken in Brandenburg. So seien bei der Schulfeier zum 150-jährigen Schuljubiläum der Max-Dortu-Schule DDR-Traditionen gepflegt worden. Dafür habe eine Lehrerin ein Jahr lang mit den Schülern geübt. Katherina Reiche erinnerte daran, dass der Fraktionsvorsitzende und Oberbürgermeister-Kandidat der Linken, Hans-Jürgen Scharfenberg, beim Gedenken zum 20. Jahrestag des Mauerfalls vor einem Jahr die Meinung vertreten habe, dass die Schließung der Grenzen 1961 für die DDR notwendig gewesen sei.

Günter Schenke

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