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Voller Saal in der Grundschule Hanna von Pestalozza am gestrigen Sonntag in Groß Glienicke. Die sieben Oberbürgermeister-Bewerber nahmen zum Uferstreit Stellung. Alle sind für einen freien Zugang, über das Wie gibt es Differenzen.

© Manfred Thomas

Von Günter Schenke: Einigen, kaufen oder enteignen

OB-Kandidaten in Groß Glienicke zum Uferstreit / Jakobs: Rechtsgutachten Anfang September

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Groß Glienicke - Alle sieben Bewerber um das Amt des Potsdamer Oberbürgemeisters wollen einen öffentlichen Uferweg am Groß Glienicker See. Das ist das Fazit einer Bürgerversammlung am gestrigen Sonntag in der überfüllten Aula der Grundschule „Hanna von Pestalozza“. Derzeit ist ein großer Teil des Seeufers durch Grundstückseigentümer gesperrt.

Über den Weg, um ein freies Ufer zu erreichen, unterscheiden sich die Bewerber. Am unbefangensten und radikalsten äußert sich der Jüngste, Benjamin Bauer von den Anderen. „Wenn es einen gültigen Bebauungsplan gibt, muss dieser umgesetzt werden und zwar sofort, draußen steht die Polizei...“, erklärt Bauer unter dem Beifall der Anwesenden.

Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD) kann die Radikallösung nicht unwidersprochen lassen. Die Verwaltung habe alle Anrainer schriftlich aufgefordert, die Sperren zu beseitigen. Gegen diese Ordnungsverfügungen gebe es eine Widerspruchsfrist. Erst wenn diese verstrichen oder vom Gericht abschlägig beschieden sei, könne er die Sperren gewaltsam beseitigen lassen und die Kosten hierfür den Eigentümern in Rechnung stellen.

Radikal in anderer Richtung äußert sich Marcel Yon (FDP). Er fordert „Respekt vor dem Privateigentum“, wobei notfalls die „Minderheit vor der Mehrheit zu schützen“ sei. Yon setzt auf Konsens und Verhandeln statt Konfrontation. „Unter keinen Umständen“ dürfe es zu Enteignungen kommen.

„Wir wollen uns mit allen Eigentümern einigen“, sagt auch Jakobs. Das Ziel der Verhandlungen bleibt dabei im Unklaren. Es geht offenbar um den Kauf von Grundstücken beziehungsweise um eine verbindliche Grunddienstbarkeit. Einigen Eigentümern soll die Stadt Kaufangebote unterbreitet haben. Die Angebote seien unzumutbar, verlautete gestern.

Wenn es einige darauf ankommen lassen, sehe Jakobs als absolut letztes Mittel ein Enteignungsverfahren. Die Verwaltung setzte derzeit jedoch auf eine Änderung von Teilen des Bebauungsplans, um die Interessen der Eigentümer zu berücksichtigen. Anfang September erwarte er ein Rechtsgutachten, um das Änderungsverfahren abzusichern. Barbara Richstein (CDU) plädiert ebenfalls für diesen Weg, um den privaten Interessen besser entgegen zu kommen.

Marie Luise von Halem (Bündnis 90 / Die Grünen) sieht die Änderung des Bebauungsplanes hingegen skeptisch. Der Bebauungsplan sei eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen, um das Wegerecht für die Öffentlichkeit zu erreichen.

Der letzte Bürgermeister der bis 2002 selbstständigen Gemeinde Groß Glienicke Daniel Dörr, unter dessen Amtsführung der B-Plan zustande kam, spricht sich ebenfalls gegen eine Satzungsänderung aus. „Was man hat, das hat man“, sagt er. Andreas Menzel von der Bürgerinitiative: „Das freie Ufer unterliegt durch den B-Plan und das Landschaftsschutzgesetz einem doppelten Schutz.“

Für den OB-Kandidaten der Piratenpartei Marek Thutewohl ist ein freier Weg am Seeufer selbstverständlich. „Im Notfall enteignen“, meint der Fahrlehrer.

Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke) streift kurz die Versäumnisse der Vergangenheit, in der es die Verwaltung unterlassen habe, den B-Plan mit dem Uferweg umzusetzen, stimmt dann aber dem Amtsinhaber bei, der vom „hohen Wert des Bebauungsplanes“ für die Lösung des Konfliktes gesprochen hatte. „Es sind jedoch alle verfügbaren Mittel in Anwendung zu bringen, um das Gemeinwohl durchzusetzen.“ Scharfenberg spricht von der Verantwortung für die nachkommenden Generationen, welche die jetzige Kommunalpolitik zu vertreten habe. Er bedauere, dass der Oberbürgermeister den Vorschlag einer „Stiftung freies Ufer“ mit finanziellen Zuwendungen Potsdamer Bürger nicht weiter verfolgt habe.

Die Bürgerinitiative „Freies Groß Glienicker Seeufer“ hat die Absicht, ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben und eine Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam gegen die Ufersperrungen anzustrengen. Hierfür sammelt sie Spenden. Bis zum 18. August waren 1 810 Euro zusammengekommen.

Günter Schenke

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