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Landeshauptstadt: Einmal Trasse – immer Trasse

Ehemalige trafen sich, dazu gehörten auch Maler Wolfgang Liebert und Fotograf Armin Herrmann

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Ehemalige trafen sich, dazu gehörten auch Maler Wolfgang Liebert und Fotograf Armin Herrmann Diese tollen Zeiten an der Erdgastrasse. „Wer länger als fünf Jahre dort war, redet nur noch davon“, sagt Volker Grenz, Vorsitzender des Traditionsvereins Erdgastrasse Linearer Teil e. V. Die „Linearen“, das waren die Rohrleger im Unterschied zu den Sandschippern mit eigenem Verein. Alle eint jedoch das Bewusstsein, dass sie etwas Besonderes erlebten. Und für so manchen war es nicht nur eine Extrem-Erfahrung in russischer Einöde, sondern eben auch ein Stück Jugend, Freiheit, Weite Deshalb war es genau der passende Ort, als sich die „Helden“ von einst in der Ausstellung „Zwischen Himmel und Erde“ im Haus der Brandenburgisch Preußischen Geschichte trafen, umrahmt von Bildern des sozialistischen Alltags. Nach der Wende war der Trassenalltag unwiederbringlich dahin, auch wenn noch eine Weile „abgewickelt“ wurde, wie Ulrich Tulatz erzählt, der für Minol die Kraft- und Schmierstoffversorgung organisieren musste. Inzwischen sei so manches Basislager plattgewalzt worden. Andere Einrichtungen hätten die Anwohner übernommen und für ihre Zwecke umgestaltet. Wie es heute dort aussieht, weiß aber auch er nicht genau. An einer Trassentour, wie sie zum Beispiel 2002 organisiert worden ist, hat keiner der Ehemaligen, die sich am Mittwochabend in Potsdam trafen, teilgenommen. Zu teuer? Keine Zeit? Wahrscheinlich beides. Doch die Erinnerungen sind lebendig und man fand schnell den gemeinsamen Nenner, die gemeinsamen Bilder. Bilder im speziellen Sinne trugen auch der Potsdamer Maler Wolfgang Liebert und der Berliner Fotograf Armin Herrmann zur Trassenerinnerung bei. Trieb Liebert, wie er erzählte, seine Verehrung russischer Schriftsteller und die aktuelle Begegnung mit sowjetischen Lyrikern gen Osten, so sah sich Hermann mehr als Chronist eines Ereignisses, das es so nie wieder gibt. 550 Kilometer Erdgastrasse wurden mit Hilfe der DDR vom Dnepr bis zur Westukraine verlegt. Dabei ging es keineswegs zimperlich zu und ein Schlagwort hieß: „Wer anhält hat Angst“, auch wenn der Tieflader manchmal samt 30 Rohrtonnen im Graben landete. Bei den an die Trasse delegierten Künstlern waren natürlich keine Tonnenladungen im Spiel. Aber auch sie erzählen, noch immer Kälteschauer im Genick, dass sie zusehen mussten, wie sie klar kamen. Da wurde getrampt, improvisiert und tapfer gefroren. Inzwischen sind nicht nur die Künstler im bundesdeutschen Alltag angekommen. Vereinsvorsitzender Grenz, der als Fleischer die Trassenarbeiter versorgte, ist ausgerechnet bei Dixi-Klo angestellt. Wolfgang Liebert hat sich als Objekt seiner Malfantasien Potsdam zugewandt und da jüngst dem Holländischen Viertel (Liebert- Ausstellung ab 15. Dezember in den Räumen der IHK). Herrmann fotografiert gerade Stühle für einen Katalog. Die Trasse wird bei neuen Ausstellungen vorerst keine Rolle spielen, sagen beide. Vielleicht später einmal. Doch vergessen ist nichts. Dieser weite Himmel, die endlosen Blumenwiesen, aber auch die technische Mühsal, die nicht eigentlich Helden zeugte, dafür aber Praktiker, die über sich hinauswuchsen H. Dittfeld

H. Dittfeld

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