SCHÖNBOHM meint: Einsichten lernen
Es war vor mehr als 20 Jahren, als ich in unserem kleinen Vorgarten hockte und Unkraut jätete - aufmerksam beobachtet von unserem vierjährigen Enkel. „Was machst du da?
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Es war vor mehr als 20 Jahren, als ich in unserem kleinen Vorgarten hockte und Unkraut jätete - aufmerksam beobachtet von unserem vierjährigen Enkel. „Was machst du da?“, fragte er mich erstaunt. Ich antwortete: „Ich zupfe Unkraut heraus: Hier wachsen Pflanzen, die ich nicht haben will!“ „Was? Hier wächst etwas UNERLAUBT in deinem Garten?“, empörte er sich. Er hatte Neurodermitis und durfte nicht alles essen. Er kannte die Bedeutung von Verboten. Immer, wenn er ein Verbot übertrat, hatte er sogleich die Folgen am eigenen Körper zu spüren – unerlaubte Genüsse vermied er daher aus eigener Erfahrung und beachtete die Verhaltensregelungen. So lernte er frühzeitig, dass man seine Wünsche und Gelüste zügeln musste.
Müssen wir erst krank werden, um unsere Grenzen kennenzulernen und zu begreifen, was uns nicht gut tut? Wir wissen doch so viel und haben alle Erkenntnisse verfügbar – aber diese umzusetzen im eigenen Leben ist unsere Herausforderung. Es stellen sich immer wieder neue Wünsche und scheinbar unabweisbare Bedürfnisse ein, die wir wie alle anderen auch erfüllen wollen – müssen wir das? Wohl nicht!
Was maßen wir uns heute an mit unserem Wissen über Wachsen und Gedeihen von Menschen, Tieren und Pflanzen? Können wir die Folgen und Auswirkungen unserer neuen weltweiten Vernetzungssysteme überschauen? Wenn neue, bisher unbekannte Krankheiten wie aus heiterem Himmel auftauchen, denkt man kritisch darüber nach ,isst kein verdächtiges Gemüse, lehnt sich nach dem Erkennen des Erregers wieder beruhigt zurück, macht weiter wie bisher und ist von dem nächsten Krankheitserreger wieder überrascht. Müssen wir wirklich alles tun, was möglich ist, oder uns doch etwas mehr selbst bescheiden?
Ich denke an ein altes Sprichwort: „Arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel bedarf!“ Oscar Wilde sagte einmal dazu: „Wenn man Fehler gemacht hat, bezeichnet man das selbst gern als Erfahrungen sammeln.“ Ich finde: Wir sollten Sammler sein UNSER Leben lang!
Unser Autor Jörg Schönbohm ist ehemaliger Innenminister des Landes Brandenburg, Senator in Berlin, General a.D. der Bundeswehr und Ehrenvorsitzender der CDU Brandenburg. Er lebt in Kleinmachnow.
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