
© Doris Spiekermann-Klaas
Landeshauptstadt: Einstimmiges Ja in der Tierheim-Frage
Stadt will sich von Neubau-Plänen verabschieden, die Stadtpolitik macht das nicht mit: Potsdam braucht ein Tierheim, finden alle
Stand:
Neue Wendung in der seit Jahren andauernden Debatte um ein neues Tierheim in Potsdam: Kaum will die Stadt die jüngsten erfolglosen Pläne für einen Neubau ad acta legen, signalisiert die Stadtpolitik unisono, dass es in der Landeshauptstadt doch ein Tierheim geben soll. Zwar wollen alle Parteien im Stadtparlament den aktuellen Vorschlag der Verwaltung ablehnen, 430 000 Euro jährlich für ein Tierheim in Fahrland zu bezahlen. Doch das heiße nicht, so betonen sie, dass Potsdam kein Tierheim brauche und haben solle. Es müsse nur günstiger sein. Für diese Haltung existiert sogar ein Stadtverordnetenbeschluss aus dem Jahr 2006, der dann wieder greift, wenn das jetzige Vergabeverfahren erwartungsgemäß an der Kostenfrage scheitert.
Auf keinen Fall will die Mehrheit der Stadtfraktionen eine langjährige Vergabe der sogenannten Fundtier-Betreuung, zu welcher die Stadt verpflichtet ist, an private Einrichtungen außerhalb Potsdams. Die Stadtspitze um die zuständige Beigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) hatte offenbar genau dies angedacht. Lehne das Stadtparlament das Fahrland-Tierheim bei seiner Sitzung am kommenden Mittwoch ab, müsse die Fundtierbetreuung ab Oktober 2012 für einen längeren Zeitraum – im Gespräch seien 15 Jahre – ausgeschrieben werden, hatte Müller-Preinesberger jüngst auf PNN-Anfrage gesagt.
Für die Rathaus-Kooperation aus SPD, CDU/ANW, Grünen und FDP, aber auch für Die Andere und Die Potsdamer Demokraten stellt sich jetzt erneut vor allem die Wie-Frage: Wie soll Potsdam zu einem neuen Tierheim kommen, ohne dass es pro Jahr fast eine halbe Million Euro zahlen muss? Für die SPD-Fraktion darf ein Tierheim nicht viel mehr kosten, als die Stadt jetzt für die Betreuung der Fundtiere im „Pfötchenhotel“ in Beelitz ausgibt, sagte der SPD-Stadtverordnete Pete Heuer. Das sind insgesamt 134 000 Euro jährlich. Bevor es eine neue Ausschreibung für einen Tierheim-Neubau geben könne – diese ist Pflicht – müsse geklärt sein, dass der Kostenrahmen steht und der Anbieter auch ein Grundstück mitbringt. Die SPD würde auch einen Neuanlauf mit dem Tierschutzverein (TSV) begrüßen, so Heuer. Der TSV hatte das alte Tierheim am Wildpark betrieben, geriet jedoch in Auseinandersetzungen mit der Stadt.
„Welches Grundstück?“ – das ist die große Frage für CDU-Fraktionschef Michael Schröder. Die Leute reagierten nach dem Motto: „Ein Tierheim ja, aber nicht vor meiner Haustür.“ Grundsätzlich beziehe die CDU die Position, „ein Tierheim gehört in eine Landeshauptstadt“, sagte Schröder. Gleichwohl fordere die CDU, dass es in Potsdam mindestens eine Tierauffangstation geben müsse, solange die Fundtiere nach Beelitz gebracht werden.
Auch die Bündnisgrünen sind nicht recht glücklich über ein Potsdam ohne Tierheim. „Ein bescheidenes, städtisches Tierheim“ sollte es „mittelfristig“ in Potsdam schon geben, findet Fraktionschefin Saskia Hüneke. Betrieben werden könnte es durchaus vom Tierschutzverein, gebaut werden sollte es aber vorab von der Stadt. Es sei „keine ideale Lösung“, die Fundtiere ständig nach Beelitz zu schaffen, sagte Hüneke.
Ähnlich sieht es die FDP, obwohl für Fraktionschefin Martina Engel-Fürstberger ein Neuanlauf in Sachen Tierheim frühestens in fünf Jahren infrage kommt. „Vorher wird es der Haushalt der Stadt nicht hergeben“, so Engel-Fürstberger. Auch habe das Tierheim für sie angesichts des Sanierungsstaus an Schulen keine Priorität. Daher und auch wegen der Bürgerproteste gegen die bisher vorgeschlagenen Standorte sei „das Thema erst einmal durch“. Die Fundtierbetreuung außerhalb der Stadt sei „keine optimale Lösung, aber vorübergehend verträglich“.Die zweiköpfige Fraktion der Potsdamer Demokraten möchte, dass die Stadt ein neues Tierheim baut und dann den Betrieb ausschreibt. „Ein Tierheim gehört hier her“, erklärte Fraktionschef Peter Schultheiß. Eine Stunde Fahrzeit nach Beelitz sei für viele Potsdamer nicht dauerhaft tragbar. Schultheiß warb bereits um Bewerber: „Das ,Pfötchenhotel’ könnte doch hier eine Filiale eröffnen.“
Keinen Zweifel an ihrer Position hat in der gesamten Debatte die Linke gelassen: Sie will, dass der Tierschutzverein von der Stadt ein Grundstück zum Bau eines Tierheimes erhält. Dies bringt die Linke am Mittwoch als Antrag ins Stadtparlament ein. Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagt: „Der Tierschutzverein ist der natürliche Partner auf diesem Gebiet.“ Ein Tierheim-Betrieb durch den TSV sei sehr kostengünstig, da der Verein viele ehrenamtliche Mitarbeiter habe. Zustimmung ist der Linken von der Fraktion Die Andere sicher. Potsdam brauche ein Tierheim, diese habe eine soziale Funktion in der Stadt, so Die-Andere-Stadtverordneter Sven Brödno. Dass nun die zweite Tierheim-Ausschreibung scheitere, sei schlechte Arbeit der Verwaltung.
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