Homepage: Energie aus der Tiefe
Dr. Ernst Huenges vom GeoForschungsZenrum Potsdam über die Stromgewinnung aus Erdwärme
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Dr. Ernst Huenges vom GeoForschungsZenrum Potsdam über die Stromgewinnung aus Erdwärme Herr Dr. Huenges, Energie aus Erdwärme das klingt vielversprechend. Welches Prinzip steckt dahinter? Um Wärme für Heizungszwecke nutzen zu können, wird, wie jeder weiß, eine Temperatur von 30-40 Grad Celsius benötigt. Solche Temperaturhöhen finden wir bereits in 1000 Meter Tiefe. Doch erst in vier Kilometer Tiefe kommen wir in Größenordnungen um die 150 Grad. Um die Energie aus der Erde zu holen, brauchen wir einen Wärmeträger. Wir führen Wasser entweder künstlich zu oder verwenden das Wasser, das in der Tiefe schon vorhanden ist. 150 Grad heißes Wasser und eine Mindestfließrate von mehr als 50 Kubikmeter in der Stunde sind geeignet, um elektrischen Strom zu erzeugen, also die Wärme in Strom zu wandeln. Wie erschließt man das heiße Wasser? Für die Stromerzeugung müssen wir diesen Bereich mit einer Bohrung in die entsprechende Tiefe aufschließen. Hier in unserer Gegend sind die benötigten Wassermengen in der Tiefe schon vorhanden. Wir nennen das Nutzung von hydrogeothermalen oder Heißwasserreservoiren. Lässt sich überall auf der Welt Energie aus Erdwärme gewinnen? Es gibt Hochenergielagerstätten in vulkanischen Regionen wie in Island, Italien und der Türkei. Da wird Erdwärme schon lange genutzt. Dann gibt es ein großes Feld von Systemen, die potenziell die Energie haben, bei denen man aber etwas tun muss. Wir unterscheiden zwischen so genannten Hot-Dry-Rock-Lagerstätten und Heißwasser führenden Lagerstätten, wie im Falle unseres Forschungsprojekts in Groß Schönebeck. Bei Hot-Dry-Rock-Lagerstätten muss man Wasser von außen zuführen, um die Energie verfügbar zu machen. Bei den anderen ist das Wasser bereits in ausreichender Menge vorhanden, so dass man nur noch den Zugang einrichten muss. Generell ist Energiegewinnung aus Erdwärme so gut wie überall möglich. Was passiert mit dem geförderten Wasser? Die Bohrung ist bis zum Reservoir verrohrt, so dass wir nur aus diesem Reservoir heraus fördern. An der Oberfläche steht eine Nutzungsanlage, an die das Wasser seine Energie abgibt. Das abgekühlte Wasser wird über eine zweite verrohrte Bohrung wieder reinjeziert, nach Möglichkeit in den gleichen Horizont. Das zurückfließende Wasser heizt sich dann relativ schnell wieder auf. Wie entwickelt sich das Forschungsprojekt in Groß Schönebeck weiter? Die bestehende Bohrung, eine ehemalige Erdgassuchbohrung, ist geeignet für eine zweite Bohrung und einen Hydrothermal-Kreislauf. Das Abteufen der zweiten Forschungsbohrung ist geplant. Mit einem Langzeitzirkulationsexperiment zwischen den zwei Bohrungen wollen wir nachweisen, dass ein nachhaltiger Thermalwasserkreislauf gewährleistet ist. Das ist die Voraussetzung, um eine geothermische Stromerzeugungsanlage betreiben zu können. Bei positiven Ergebnissen wäre es möglich in Groß Schönebeck ein Kraftwerk zu bauen. Welche Risiken gibt es bei der Geothermie? Bei schlechtem Reservoirmanagement ist es in bestimmten geologischen Umgebungen möglich, dass die Nachhaltigkeit zurückgeht. Bei Heißwasserreservoiren wie Groß Schönebeck besteht diese Gefahr kaum. Außerdem fördern wir hoch salinares Wasser, was bestimmte technische Spielregeln erfordert. Das heißt, dass das Hydrothermalsystem geschlossen sein muss, um den Chemismus des Wassers nicht zu verändern. Das Tiefenwasser, das wir entnehmen, kommt ohne Kontakt zur Umgebung wieder in das Reservoir hinein. Was zeichnet nun die Geothermie im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien aus? Das Entscheidende an ihr ist, dass sie grundlastfähig ist, denn man kann die Pumpe fast beliebig an- und abstellen. Diese Grundlastversorgung ist genau das, was andere erneuerbare Energien nicht leisten können, Wind- und Sonnenenergie definitiv nicht und die Biomasse nur bedingt. Die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene TAB-Studie von 2003 geht davon aus, dass mit Geothermie künftig ein Gigawatt Strom erzeugt werden kann. Ein Gigawatt ist möglich, aber das ist definitiv nicht kurzfristig zu machen. Die TAB-Studie gibt in dieser Richtung auch keine Prognose. Ich denke, man braucht mindestens 20 Jahre bis das erreicht sein könnte. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass wir uns mit einem Gigawatt irgendwo im Ein-Prozentbereich des Energiebedarfs der Bundesrepublik Deutschland bewegen. Wie viel Energie könnte denn so eine Anlage liefern? Eine solche Geothermie-Gigawattanlage könnte circa 8000 Gigawattstunden Energie im Jahr produzieren. Das ist etwa das Vierfache eines Ein-Gigawatt-Windenergiefeldes, das nur 2000-3000 Stunden im Jahr liefern kann. Im Moment stehen aber erstmal kleinere Anlagen zur Demonstration im Vordergrund. Hier liegt auch der Forschungsschwerpunkt des GFZ. Wir bewegen uns mit der Geothermie sukzessive vorwärts, doch die Entwicklung braucht Zeit. Auch die Windenergie hatte 25 Jahre. Das Gespräch führte Michael Krause Dr. Ernst Huenges leitet am Potsdamer GeoForschungsZentrum die Sektion Geothermie, die die Grundlagen für die Technologieentwicklung zur Gewinnung von Erdwärme erforscht.
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