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Landeshauptstadt: Enges Netz der Hilfe

Sozialbeigeordnete Müller: Fall Kevin auch in Potsdam möglich / Frühwarnsystem existiert bereits

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Ein Fall wie der des kleinen Kevin wäre auch in Potsdam möglich. Sie sei zwar froh, dass es in Potsdam bisher keinen „so negativ spektakulären“ Fall gegeben habe, sagte die Sozialbeigeordnete der Stadt, Elona Müller, am Montagabend bei einer Podiumsdiskussion. Doch könne sie „nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass hier so etwas nie passiert“.

In der vergangenen Woche war in Bremen die Leiche des zweijährigen Kindes im Kühlschrank seines drogenabhängigen Vaters entdeckt worden. Der Fall löste eine bundesweite Debatte aus, die am Montag auch in Potsdam im Treffpunkt Freizeit geführt wurde. Die Familienpolitik stand im Mittelpunkt der Veranstaltung, die die Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche organisiert hatte. Unter den Gästen auf dem Podium waren Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) und der Berliner Mikrosoziologe Prof. Hans Bertram.

Mit Blick auf Kevins Schicksal betonte von der Leyen in ihrer „Impulsrede“ die „Wächterrolle des Staates“. Dieser müsse er „mehr nachkommen“ – auch wenn Familie Privatsache sei. Es sei zu spät, erst hinzuschauen, wenn das Kind „misshandelt oder tot“ ist. Sie habe sich Kevins Akte angeschaut: Schon als der Junge ein halbes Jahr alt war, wurde er mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus eingeliefert, im Juni sei er das letzte Mal vom Kinderarzt gesehen worden.

Nun will das Bundesfamilienministerium ein Frühwarnsystem zum Schutz verwahrloster Kinder aufbauen (PNN berichteten). Einsetzen soll es bereits, wenn das Kind noch im Mutterleib ist, so von der Leyen. Denn Schwangerschaft und Geburt seien die Zeit, in der Eltern Kontakt zum Gesundheitswesen suchten. Von da an dürfe man sie „nicht mehr aus den Augen lassen“ und müsse „ein enges Netz der Hilfe um sie flechten“, so die Ministerin. In Potsdam existiere ein solches Frühwarnsystem seit bereits seit dem Jahr 2000, so Sozialbeigeordnete Müller. Die Stadt habe einen „Handlungsablauf bei Verdacht auf Kindesmisshandlung festgelegt“. Informationen von Ärzten oder Kindergartenerziehern würden sofort an das Jugendamt weitergeleitet, dass „ohne auf die Aktenlage zu achten sofort einschreitet“, so Müller. Von Vorteil sei hierbei, dass in diesem Jahr 94 Prozent aller Potsdamer Kleinkinder Kitas besuchen. Nur 71 Kinder gingen nicht in den Kindergarten. Allerdings sieht Müller Mängel bei der Versorgung der Potsdamer Schulkinder. Nur acht Sozialarbeiter gebe es an den Schulen der Landeshauptstadt. Und selbst die müssten mit Geldern finanziert werden, die eigentlich zur Freizeitgestaltung und Förderung von Jugendlichen ausgegeben werden sollten, so Müller. Sie appellierte darum vor allem an Lehrer, aufmerksam zu sein – zum Beispiel, wenn Eltern nie auf Elternabenden erscheinen.

Besonders geachtet werden sollte auf die Kinde, deren Eltern zu dem „Teil der Gesellschaft“ gehören, „der unendlich Probleme hat“, so von der Leyen. Soziologe Bertram wies vor diesem Hintergrund darauf hin, dass die jüngste Infratest-Studie zur neuen „Unterschicht“ nicht die Wirklichkeit abbilde. Zu den Benachteiligten zählten demnach 20 Prozent der Ost- und vier Prozent der Westdeutschen. Die Abhängigkeit von Sozialhilfe sei in den neuen Bundesländern jedoch geringer als in manchen alten.

Vor der Diskussion führte Treffpunkt-Leiterin Bettina Al Talab den Besuch durch ihre Räume. Von der Leyen bezeichnete die Einrichtung mit ihren räumlichen Möglichkeiten als „einzigartig“ und versprach, sie bei der Teilnahme am Bundeswettbewerb „Mehrgenerationenhaus“ zu unterstützen. just

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