Landeshauptstadt: Enteignungen für freien Uferweg
Start im November in Groß Glienicke / Wegebau und Verfahren kosten 6,7 Millionen Euro
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Gross Glienicke - Im November soll der Startschuss für Enteignungen am Ufer des Groß Glienicker Sees fallen. Um den Uferweg auf dem ehemaligen Mauerstreifen durchzusetzen, will die Stadt so schnell wie möglich die Anträge beim Innenministerium einreichen, erklärte der Leiter der Projektgruppe Uferwege im Rathaus, Sven Klosa, am Donnerstag .
Dass Potsdam keinen anderen Weg mehr sieht, hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bereits im Sommer deutlich gemacht. „Reden und verhandeln sind nicht mehr möglich“, so Jakobs. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass der insgesamt 2,5 Kilometer lange Uferweg, der derzeit auf mehr als einem Kilometer von Anrainern gesperrt ist, schnell endgültig öffentlich wird. Enteignungen seien „das schärfste Schwert“, so Projektleiter Klosa, doch die Verfahren dauerten. Auch rechne er damit, dass „die Eigentümer alle Geschütze auffahren“. Diese hatten bereits empört auf die Ankündigung der Stadt reagiert. Rechtsanwalt Christoph Partsch sagte, aus Sicht seiner Mandanten sei Potsdam „nie bereit gewesen, in irgendeinen Vergleich einzusteigen“.
Das Stadtparlament soll am 2. November den Oberbürgermeister beauftragen, die Enteignungen zu beantragen. Gleichzeitig sollen die Kosten abgesegnet werden: Für Entschädigungen und die Enteignungsverfahren sind jeweils zwei Millionen Euro und für den Bau des Uferwegs 2,7 Millionen Euro veranschlagt. Die Gelder seien in den Haushalt für 2012 eingestellt; beschlossen und genehmigt ist dieser aber nicht. Enteignet werden sollen 3400 Quadratmeter private Uferfläche, davon betroffen sind 41 Eigentümer von 26 Grundstücken. Die Seegrundstücke würden von einem vier Meter breiten Uferweg durchschnitten. Grundlage für die Enteignungen ist ein Bebauungsplan, den Potsdam zum Wohle der Allgemeinheit durchsetzen will. Er basiert auf einem Beschluss der Gemeindevertreter aus dem Jahr 1999. Geschehen ist dann allerdings mehr als zehn Jahre lang wenig. Als am Babelsberger Griebnitzsee der Konflikt um den heute weitgehend gesperrten Mauer-Uferweg eskalierte, zogen die Anrainer in Groß Glienicke nach. Auch dort blockieren Zäune und Sträucher den Uferweg, der Ort ist gespalten, zwei Bürgerinitiativen streiten für das freie Ufer.
Entscheidender Unterschied zum Griebnitzsee-Konflikt: Während der Bebauungsplan für das dortige Ufer vom Gericht kassiert wurde, ist am Groß Glienicker See eine Klage erfolglos geblieben. Der Uferweg-Plan ist juristisch nicht mehr anfechtbar. Zu verdanken hat Potsdam das ausgerechnet dem Mann, der den Griebnitzsee-Uferweg zu Fall brachte: dem Berliner Verwaltungsrechtler Reiner Geulen. Er hatte einst im Auftrag von Groß Glienicke den Uferplan entworfen.
Akzeptiert wird der Plan von den privaten Anrainern trotzdem nicht. Jakobs verwies darauf, dass zwei Jahre erfolglos verhandelt worden sei. Zuletzt habe nur eine Grundstückseigentümerin signalisiert, das allen unterbreitete Kaufangebot der Stadt für die Uferflächen anzunehmen. Aber auch der Bund schlug Potsdams Kaufangebot aus: Ihm gehören 2500 Quadratmeter Uferfläche, die Potsdam für den Weg braucht. Die ehemaligen Mauergrundstücke werden von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) verwaltet. Die Bima habe mit Verweis auf ihr Wirtschaftlichkeitsgebot verweigert, der Stadt die Uferflächen im Paket oder einzeln zu veräußern, so Projektleiter Klosa. Private Interessenten hätten höhere Gebote abgegeben. Anders als im Fall Griebnitzsee, als die Frage, ob der Bund zugunsten der Allgemeinheit an Potsdam verkaufen oder den Höchstpreis nehmen muss, letztlich im Bundestag entschieden wurde, scheint Potsdam sich jetzt zu fügen. Die Bima werde an die Privaten verkaufen, sagte Klosa, und die Stadt werde ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen. Damit muss sie aber zu höheren Preisen kaufen. Dem Vernehmen nach hatte Potsdam unter zehn Euro für den Quadratmeter Uferfläche geboten. Es handle sich um öffentliches Grün, nicht um Bauland, hieß es. Am Griebnitzsee musste Potsdam im Jahr 2010 rund 100 Euro pro Quadratmeter an den Bund zahlen.
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