Potsdamer Mitte: Entscheidung zur Alten Fahrt
Das Stadtparlament genehmigt heute den Aufbau des Palais Barberini – wenn die Kritiker in der Minderheit bleiben.
Stand:
Potsdam - Heute sollen die Würfel fallen für den Wiederaufbau der Potsdamer Mitte: Das Stadtparlament stimmt über den Verkauf der sieben Grundstücke an der Alten Fahrt und einem an der Schwertfegerstraße in nicht-öffentlicher Sitzung ab. Bei einem positiven Votum käme der Bieterwettstreit um die wertvollen Filetgrundstücke zum Ende; gleichsam fiele der Startsschuss für die Rekonstruktion des Palais Barberini. Doch es gibt Unwägbarkeiten – vor allem um die Grundstücke Humboldtstraße 1 und 2 am Standort des ehemaligen Palasthotels.
Seit Wochen opponieren die Fraktionen von Bündnis 90/Grüne und die FDP, die gemeinsam acht Sitze im Stadtparlament haben und zur Rathauskooperation gehören, gegen den vom Verfahrenssieger Kondor Wessels Holding GmbH vorgelegten Architekturentwurf. Der niederländische Baukonzern plant ein fünfgeschossiges Ärzte- und Bürohaus. Der Entwurf stammt vom Büro Hilmer & Sattler und Albrecht. Während der Baubeigeordnete Matthias Klipp (Grüne) den Bau als „ganz hervorragend“ lobte, sehen Bündnisgrüne und FDP das ganz anders.
Trotz gemeinsamer Beratung der Fraktionsspitzen der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW, Bündnis 90/Grüne und FDP bleiben die Liberalen bei ihrer Forderung nach einer Neuausschreibung der Humboldtstraße 1 und 2. Es müsse für die „exponierte Lage eine bessere Lösung gefunden werden“, so FDP-Stadtverordneter Björn Teuteberg. Das allerdings, so wird befürchtet, würde dazu führen, dass das gesamte Verfahren neu aufgerollt werden müsste – monatelange Verzögerungen inklusive. Die am Montagabend gefundene neue Variante der Bündnisgrünen lehnen die Liberalen ab: Die Grünen wollen nun, so Fraktionschefin Saskia Hüneke, statt der bisher geforderten Neuausschreibung Auflagen zur Überarbeitung des Kondor-Wessels-Entwurfs machen. Dabei gehe es um die Gliederung der 45 Meter breiten Hauptfassade, die Eingangssituation und eine deutlichere Unterscheidung der Fassade der Humboldtstraße 2. Außerdem will Hüneke sichern, dass die Höhe des Baus dem im Leitbautenkonzept für die Mitte vorgesehenen Maß entspricht. Der veränderte Architekturentwurf soll dem Gestaltungsrat und dem Bauausschuss zur Zustimmung vorgelegt werden. Hüneke sagt, dies dürfe nicht als „Geschmacksfrage“ abgetan werden. Über die Gestaltung des „öffentlichen Lebensraums“ müsse es einen „öffentlichen Diskurs“ geben. In der Rathauskooperation könnte sich eine Mehrheit für den Grünen-Vorschlag finden. SPD-Fraktionschef Mike Schubert nannte den Vorstoß „pragmatisch“ und lobte die Grünen dafür, dass sie „diesen Weg gehen“.
Der zweistufige Bieterwettbewerb, den die städtische Bauholding Pro Potsdam ausgelobt hat, steht schon länger in der Kritik. Für die Vergabe weiterer Grundstücke in der Mitte hat die Stadtpolitik bereits Veränderungen angemahnt. Vor allem Potsdamer Bewerber um Grundstücke sahen sich enttäuscht, da keine einzige tatsächliche Bauherrengemeinschaft aus der Stadt einen Zuschlag bekommen hat. Zu Beginn des Verfahrens hatte Baubeigeordneter Klipp jedoch mit den Worten „Bürger, baut eure Stadt!“ um Bewerber geworben und gesagt, gesucht würden „Bauherren, nicht Investoren“. Entschieden wurde nach einer Bewertungsmatrix, in die die städtebauliche Qualität mit 40 Prozent, die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells mit 20 Prozent und mit 40 Prozent der Kaufpreis eingingen. Besonders durch die hohe Bewertung des Kaufpreises hätten Potsdamer Bürger kaum Chancen gehabt, so Kritiker. Als problematisch wird auch gesehen, dass es sich zwar um ein Bieter- , aber nicht um ein offizielles Vergabeverfahren handelt. Wer dagegen vorgehen will, muss vor ein ordentliches Gericht ziehen und kann sich nicht bei der Vergabekammer beschweren.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: