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Sport: Erfolgreich ohne Siege
Die „Runde Fußballschule“ unterrichtet den Nachwuchs von Lok Potsdam
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Fußball wird an der Berliner Straße beim ESV Lok Potsdam schon seit sechs Jahrzehnten gespielt. Aber große Ambitionen hegten die Eisenbahn-Kicker nie. „Da wurde immer nur auf Kreisebene Fußball gespielt", weiß Dieter Wolff, langjähriger Funktionär und ausgewiesener Experte in Sachen regionalem Fußball. Mit dem gerade perfekt gemachten Aufstieg der ersten Männermannschaft in die Landesklasse verlassen die Lok-Kicker erstmals die Kreisgrenzen, um höherklassigen Fußball zu spielen. Und geht es nach Andree Recker, wird in Zukunft an der Berliner Straße vor allem attraktiver Fußball gespielt. Dafür will er mit seiner „Runden Fußballschule“ sorgen.
Seit einem Jahr kooperiert Recker mit dem Lok-Verein und hat als externer Anbieter das Training für acht Nachwuchsteams mit insgesamt 150 Kindern übernommen. In seinem Unternehmen, das er 2007 gegründet hat, beschäftigt er zwei Studenten der Europäischen Sportakademie Brandenburg (ESAB) – die Fußballschule ist innerhalb des dualen Bachelor-Studiengangs der Ausbildungsbetrieb. Zudem stehen Recker sieben Trainer zur Seite.
Reckers Philosophie für den Fußballnachwuchs: „Wir bringen den Kindern von Beginn an bei, was sie die längste Zeit als Fußballer brauchen – das Gefühl und Verständnis für das Spiel auf Großfeld.“ Auch wenn die Fußball-Steppkes bis zur C-Jugend (12-14 Jahre) auf Kleinfeld oder einem verkleinertem Großfeld aktiv sind, „spielen wir schon mit den Kleinen ein Spielsystem, das später Grundvoraussetzung auf dem Großfeld ist“, sagt Recker. So würden die Fußball-Kids später bereits ein hohes Maß an taktischem Spielverständnis und eine bessere Ordnung mitbringen. Geübt werden viele Ballkontakte, kurze Pässe, Abseitsstellungen und knifflige Situationen, ohne Druck zu lösen. Lange und hohe Bälle sind tabu.
„Das Ergebnis ist dabei nicht so wichtig, sondern das Spiel“, sagt Christoph Rogowski, einer der beiden Studenten an der Fußballschule. Nicht immer sei das einfach zu vermitteln, vor allem dann, wenn Spiele verloren gehen. „Oh ja“, sagt Rogowoksi, „wir kriegen öfter eins auf die Mütze. Wir verlieren mehr, als wir gewinnen“ Gerade beim Kleinfeldfußball jüngerer Mannschaften fallen viele Tore, weil ein Spieler besonders gut dribbeln kann oder Jungs, die in der körperlichen Entwicklung weiter sind als ihre Altersgefährten, sich besser durchsetzen und kräftig schießen können. Doch gerade die Dominanz eines oder weniger Spieler wollen die Trainer der Fußballschule nicht zum Erfolgsgaranten haben. „Wir stellen die Teams nicht ergebnisorientiert zusammen, sondern achten darauf, dass sie charakterlich und mental zueinander passen“, sagt Recker. „Wenn ein Spieler körperliche Nachteile hat und vielleicht noch nicht so gut Fußball spielt wie andere, aber eine gute Einstellung und ein ausgeprägtes kameradschaftliches Verhalten mitbringt, ist das für die Entwicklung einer Mannschaft genauso wichtig", sagt Recker, der dabei auf seine Erfahrungen als ausgebildeter Sozial- und Erlebnispädagoge zurückgreift. Der 38-Jährige war unter anderem zwei Jahre als Vereinspädagoge für den Nachwuchsbereich des 1. FFC Turbine Potsdam tätig, ehe er sich ausschließlich seiner eigenen Fußballschule widmete.
„Natürlich sind auch unsere Kinder enttäuscht, wenn sie verlieren“, sagt Recker. „Aber beim nächsten Training sind sie alle wieder da und motiviert.“ Er verhehlt auch nicht, dass nicht allen Eltern die Art und Weise des Fußballunterrichts gefällt und sie ihre Kinder wieder abmelden. „Aber wir haben mehr Anfragen, als wir bedienen können“, so Recker. Ob seine Idee tatsächlich funktioniert und das Konzept aufgeht, wird sich ab Sommer 2015 zeigen, wenn die ersten Teams der „Runden Fußballschule“ aufs Großfeld wechseln. „Das wird dann eine Saison der Glaubwürdigkeit“, sagt Recker. pek
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