Landeshauptstadt: Erhellendes zum Kanal-Ausbau
Gegner starten heute Aktion „Leuchtender Fluss“ / Ausbauamt zeigt bereits erfolgten Naturausgleich
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Marquardt - Wenige Wochen vor der erwarteten Baugenehmigung für den Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals als Teil des Havelausbaus bringen sich die unterschiedlichen Interessenträger öffentlichkeitswirksam in Position: Am heutigen Abend starten Gegner des Projekts die Aktion „Leuchtender Fluss“, zahlreich wollen selbsternannte Flussschützer mit Fackeln und Lichtern an den Ufern und auf Booten „Fluss- und Kanalabschnitte zum Leuchten bringen“, wie die Kampagne „Stopp Havelausbau“ mitteilt. Einer der prominentesten der zwölf „Brennpunkte“ in Brandenburg und Berlin wird ab 21.30 Uhr die Glienicker Brücke sein. Zentrale Forderung der Kampagne: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) solle „den Größenwahn im Flussausbau endlich aufhalten“.
Bereits gestern lud das Wasserstraßenneubauamt (WNA) Berlin als Bauherr des Kanalausbaus Journalisten ein, die für den Ausbau des Sacrow-Paretzer-Kanals ab 2009 notwendigen und bereits erfolgten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Augenschein zu nehmen. Bundesgesetzlich ist einheitlich vorgeschrieben, Eingriffe in die Natur an anderer Stelle zu kompensieren. Das WNA hat, vermittelt durch die Flächenagentur Brandenburg GmbH, als Ausgleich für die geplante Abbaggerung des Nordufers des Kanals auf 45 Hektar eine naturnahe Umwandlung der bislang landwirtschaftlich intensiv genutzten der Schmergower Wiesen veranlasst. Von den 65 Millionen Euro, die der Ausbau des Kanals im Norden Potsdams kosten wird, sind nach Angaben von WNA-Mitarbeiter Hendrik Hampe zehn Prozent für den Ausgleich vorgesehen. Wie Anne Schöps, Geschäftsführerin der Flächenagentur Brandenburg GmbH, erklärte, handele es sich bei den Schmergower Wiesen im Havelland um Niedermoorstandorte, auf denen bislang unter starkem Düngemittel- und Herbizideinsatz beispielsweise Mais angebaut wurde. Nun entstehen dort naturnahe Wiesen, die vom Landwirt zweimal jährlich gemäht werden. Der Ertragsverlust wird kompensiert durch ein Pflegeentgelt. Die Flächen werden zuvor vom Naturschutzfonds angekauft. Als „revolutionär“ bezeichnete WNA-Leiter Rolf Dietrich die Geschäftsidee der Flächenagentur, die darin besteht, sogenannte Ausgleichsflächen-Pools zu bilden – öffentliche und private Investoren, die zum Naturausgleich verpflichtet sind, könnten diesen zügig von der Flächenagentur „kaufen“, da sie bereits Flächen vorhält. Selbst Havelausbau-Gegner Axel Mueller, Bündnisgrüner Abgeordneter des Kreistages von Potsdam-Mittelmark, zeigte sich gestern beeindruckt: Als Biologe hoffe er auf die Rückkehr etwa des Großen Brachvogels auf die Schmergower Wiesen und weiß das entstehende Biotop in guten Händen – schließlich ist Anne Schöps studierte Ornithologin.
Als weiteren Ausgleich für das Fällen von etwa 800 mittleren und großen Bäumen lies das WNA 80 Hektar Wald mit Hilfe des Bundesforstamtes aufforsten. Ferner finanzierte es in Brandenburg (Havel) für 1,2 Millionen Euro eine Fischtreppe, die den Aufstieg von Lachsen und Aalen trotz einer Schleusenanlage entgegen der Flussströmung ermöglicht.
Ob der Sacrow-Paretzer-Kanal tatsächlich verbreitert oder nur vertieft wird, ist laut Dietrich derzeit noch offen: „Wir sehen das so vor, ob es so kommt, entscheidet die Planfeststellungsbehörde“, die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost. Alternativ zur Verbreiterung, die auch die Begegnung von Großmotorschiffen ermöglicht, könnte an der Ein- und Ausfahrt des Kanals auch so etwas wie ein „Ampelverkehr“ eingerichtet werden. Ist der Kanal weniger breit, kann bei Hochwasserstand auch weniger Wasser aus der Potsdamer Havel abfließen, sagt selbst WNA-Chef Dietrich.
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