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Mechthild Metzner, Pfarrerin Erlöserkirche Potsdam

© Andreas Klaer

Potsdamer Erlöserkirchengemeinde: 125 Jahre auf selbstbewussten Wegen

1898 wurde das Gotteshaus in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. und seiner Ehefrau Auguste Victoria eingeweiht. Am Sonntag wird mit einem Festgottesdienst das Jubiläum gefeiert.

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Am kommenden Wochenende ist in der Brandenburger Vorstadt ein großes Fest angesagt: Die Erlöserkirche, erbaut von Gotthilf Ludwig Möckel, wird 125 Jahre alt. Ihr 74 Meter hoher Turm gehört zur markanten Dominante des städtebaulichen Bilds von Potsdam. Das Kirchweih-Jubiläum wird mit einem bunten Treiben in und an der Erlöserkirche begangen.

So gibt es am 2. Juni um 19.30 Uhr ein Konzert für Trompete und Orgel, am Samstag, dem 3. Juni sind ab 13 Uhr besinnliche und fröhliche Momente vorgesehen, ob bei Orgelmusik, Andachten, Kirchenführungen und Marktständen, Puppentheater und lockerem „Liegestuhl-Konzert“ und natürlich bei kulinarischen Angeboten. Am 4. Juni wird um 11 Uhr zum Festgottesdienst eingeladen.

Im Mai 1898 wurde die Erlöserkirche in der damals expandierenden Brandenburger Vorstadt in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. und seiner Ehefrau Auguste Victoria eingeweiht. Die Kaiserin galt als Schirmherrin des Kirchenbaus. Neben karitativen Vereinen hatte sie ein gigantisches Kirchenbau-Programm für Berlin, Potsdam und darüber hinaus ins Leben gerufen, die oftmals auch mit Gemeindehäusern und Kindergärten bedacht wurden.

Mit den in historisierenden Stilen erbauten Kirchen sollte die Jahrhunderte alte Kraft des Christentums unterstrichen und das Zurückdrängen von Sozialisten und Atheisten im Kaiserreich erreicht werden. Spöttisch nannte man die Kaiserin „Kirchenjuste“.

Die Erlöserkirchen-Kirchengemeinde versuchte schon immer selbstbewusste Wege zu gehen.

Mechthild Metzner, seit 2014 Pfarrerin der Gemeinde.

Der Hochmut und die Arroganz der Mächtigen, die ihren Untertanen vorschreiben wollten, was sie zu glauben hatten, gehört längst der Vergangenheit an. „Die Erlöserkirchen-Kirchengemeinde versuchte schon immer selbstbewusste Wege zu gehen“, sagte Mechthild Metzner, die seit 2014 Pfarrerin der Gemeinde ist. In der nationalsozialistischen Zeit wandten sich Pfarrer und Gemeindemitglieder der Erlöserkirche energisch gegen die Gleichschaltung der Kirchen und engagierten sich in der „Bekennenden Kirche“. Das war nicht immer einfach, denn die Erlöserkirche war Tochtergemeinde der Friedenskirche. Dort hatte der stramme Nazi-Pfarrer Joachim Hossenfelder das Sagen. 1941 konnte die Erlöserkirchengemeinde sich von der Friedenskirche lösen. Die Bevormundung des Staates ging zu DDR-Zeiten weiter.

Die SED-Parteileitung der Pädagogischen Hochschule Potsdam empfahl ihren Studierenden, die Erlöserkirche zu meiden wie der Teufel das Weihwasser. Man hatte Angst vor der Ausstrahlung und Kraft der Musica sacra, die seit 1957 unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Friedrich Meinel und seiner Frau Annemarie einen großen Zulauf von jungen Menschen hatte und mit hoher Qualität aufwartete. Auch heute ist sie mit ihren verschiedenen Angeboten ein Leuchtturm für Potsdam.

Der Turm der Erlöserkirche, erbaut von Gotthilf Ludwig Möckel, ist mit seinen 74 Metern eine der markantesten Dominanten des städtebaulichen Bilds von Potsdam.

© Andreas Klaer

„In die unter dem Dach des Vereins ‘Musik an der Erlöserkirche’ agierenden Chöre wie die Kantoreischule, die Potsdamer Kantorei oder die Spatzen- und Seniorenkantorei finden Sangesfreudige in jeder Alters- und Anforderungsstufe ein Ensemble zum Mitsingen und somit gute Möglichkeiten für die eigene musische Bildung und Entfaltung etwas Gutes zu tun“, sagt Mechthild Metzner. Auch das Neue Kammerorchester Potsdam gehört zu den musikalischen Botschaftern der Erlöserkirche.

Mechthild Metzner betont aber auch das Engagement von Gemeindemitgliedern zu DDR-Zeiten, die sich auf den Weg machten, dem „Konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ Impulse zu geben. „So sind in unserer Gemeinde seit Jahrzehnten Umweltgruppen zu finden und es wird regelmäßig zur ‘Ökumenischen Friedensdekade’ eingeladen“, so Metzner.

Nach wie vor werde für den Frieden getrommelt und würden ‘Andachten konkret’ gefeiert. „Ein Betreuungsplatz in einem der beiden gemeindeeigenen Kindergärten ist bei vielen Eltern gefragt und die ‘Junge Gemeinde’ mit ihren wöchentlichen Treffen ist ein Lebens- und Orientierungsort für junge Christinnen und Christen“, erzählt Mechthild Metzner.

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