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„Das muss doch knallen“. Die Rockband Tricky Riddle aus Potsdam und Seattle.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Erst Physiker, dann Saxophonist

Bei Tricky Riddle, eine deutsch-amerikanische Rockband aus Potsdam, spielen junge und ältere Musiker. Am 13. Juni treten sie beim Schulfest der Schule am Humboldtring auf

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Wenn Bands neue Mitspieler suchen, steht in der Anzeige meist etwas wie „Gitarrist bis 30 Jahre gesucht“, sagt Karl Thoralf Rittel: „Bei uns ist das nicht so – ich glaube, Tricky Riddle ist die Band mit der größten Altersspanne in Potsdam.“ Möglich wäre das: Rittel selbst ist 44 Jahre alt, seine drei Mitmusiker sind 25, 26 und 55. Seit etwa eineinhalb Jahren gibt es die Mehrgenerationen-Rockband aus Potsdam, die vor Kurzem ihre erste EP mit eigenen Songs auf Deutsch und Englisch veröffentlicht hat.

Ähnlich unterschiedlich wie das Alter der vier Musiker sind ihre Hintergründe: Bandleader, Gitarrist und Sänger Rittel stammt aus Guben, wo er schon mit 14 Jahren in einer Punkband war: „Wir hießen ‚Hammer Sound', haben aber wahrscheinlich mehr getrunken als Musik gemacht“, sagt Rittel grinsend. 1998 verschlug es ihn nach Potsdam, 2000 reiste er für ein Jahr als Wandermusiker durch Europa, trampte und schlief an Stränden: „Mein Studium war beendet und ich hatte kein Geld. Ich war ambitioniert, aber erfolglos“, meint Rittel und lacht, „doch es hat viel Spaß gemacht!“ Zurück in Potsdam verliebte er sich, heiratete und blieb.

Der mit 55 Jahren Älteste im Bunde ist der aus den USA stammende Saxophonist und Flötist Jack Scannell. „Wir haben ihn vor zwei Jahren live gesehen und er hat uns sofort gefallen“, sagt Rittel. Das beruhte auf Gegenseitigkeit: „Ich mag die Jungs und ihre Musik“, sagt Scannell. Dem Amerikaner aus Seattle lag die Musik von Anfang an im Blut: „Ich wollte immer ein Künstler sein.“ Sein Vater war Jazz-Musiker, warnte ihn aber vor einem ähnlichen Berufsweg: „Er sagte mir immer: Werde nie Profi-Musiker, denn für unsere Familie war es nicht gut, dass er so selten zu Hause war. Meine Eltern ließen sich irgendwann scheiden.“

Bevor Musik Scannells Hauptbeschäftigung wurde, baute er in den Siebziger- und Achtziger-Jahren als Physiker Computerchips für Motorola. „Aber die Elektronik-Branche hat viele Höhen und Tiefen, also studierte ich und wurde Psychotherapeut.“ Als solcher schrieb Scannell mehrere Bücher, unter anderem über die von ihm entwickelte „Verhaltensmodifikations-Theorie“. Irgendwann hing er jedoch auch das an den Nagel, widmete sich nur noch der Kunst und spielte unter anderem mit Musikern, die schon mit Miles Davis gearbeitet hatten. 2003 ging er nach Barcelona: „Ich wollte Flamenco spielen.“ Doch Scannell reiste weiter und blieb in Berlin hängen, wo er eine Deutsche heiratete.

Seit eineinhalb Jahren tritt die bunt zusammengewürfelte Truppe nun vor allem in Potsdam auf. Der Altersunterschied macht sich dabei kaum bemerkbar: Die vier behandeln sich gegenseitig wie alte Freunde, albern und lachen viel und wechseln im Gespräch ständig zwischen Deutsch und Englisch: „Ich musste damals vom Computer weg und wollte mir ein neues Hobby suchen. Also griff ich zur Gitarre“, sagt der 26-jährige Bassist Simon Kretschmer über seinen Weg zur Musik. „But then he realized, that bass-players get more groupies“, witzelt Scannell.

Anders als seine drei Kollegen arbeitet Scannell als Vollzeitmusiker und spielt noch in einer Berliner Jazz-Band: „Ich warte darauf, berühmt zu werden“, scherzt er. Kretschmer arbeitet bei einer Autofirma, der 25-jährige Schlagzeuger Christian Schröder studiert BWL. Auch er ist mit einem musikalischen Vater aufgewachsen: „Er hat mir als Kind vor dem Schlafengehen oft auf der Gitarre vorgespielt.“

Rittel hingegen ist Sonderpädagoge und Musiklehrer an der Grundschule am Humboldtring – Ehrensache, dass Tricky Riddle bereits mehrere Benefizauftritte für den Förderverein der Schule gegeben haben, der nächste wird auf dem Schulfest am 16. Juni stattfinden. Zudem hat Rittel gemeinsam mit dem nahe gelegenen Jugendclub „El Centro“ einen kostenlosen Proberaum im Club eingerichtet, damit auch andere Jugendliche mal abrocken können. „Anfangs durfte jeder in den Raum und die Instrumente benutzen, aber dann waren manchmal 15 Leute im Raum und es ging viel kaputt“, sagt Rittel. Seitdem muss man sich vorher anmelden. Auch Tricky Riddle nutzen den Proberaum, denn die sind in Potsdam rar gesät: „Sobald ein Schlagzeug dabei ist, wird's schwierig, denn mit dem musst du laut sein können“, sagt Schröder, „durchschnittlich kommen auf einen Proberaum etwa 20 Bands“. Ansonsten können Tricky Riddle aber nicht klagen, auf Konzerten kommen sie gut an, was auch am deutsch-amerikanischen „Exotenbonus“ liegt: „Ich dachte mir: Wenn man auf die Festivalposter schreibt ‚Tricky Riddle (Potsdam/Seattle)' – das muss doch knallen“, sagt Rittel und lacht.

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