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Landeshauptstadt: Ex-Stasi-Mann als Spitzel?

Privatdetektiv soll 2001 Dossier über Müller-Zinsius angefertigt haben

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Die mutmaßliche Spitzel-Affäre bei den Stadtwerken hat am Freitag im Rathaus für einen Ausnahmezustand gesorgt. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte fast alle geplanten Termine ab, darunter auch die Eröffnung des „Freiland“ am Nachmittag. Mehrere Stunden soll Jakobs mit Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Paffhausen die Lage beraten haben. Am frühen Abend veröffentlichte Jakobs eine Erklärung. Auf einzelne Fragen antwortete er nicht.

Bekannt ist Jakobs das Schreiben, das erster Anlass für Mutmaßungen über mögliche Spitzelei der Stadtwerke ist, allerdings seit knapp einem halben Jahr. Auf vier Seiten wird in dem Schriftstück, das im November 2010 ohne Absender im Briefkasten des Pro Potsdam-Geschäftsführers Horst Müller-Zinsius gelegen haben und aus dem März 2001 stammen soll, eine Einschätzung der Arbeit und der Führungsqualitäten von Müller-Zinsius abgegeben. So wird darin unter anderem berichtet, wie der Geschäftsführer das städtische Unternehmen führt und wie er seine Geschäftsführung organisiert. Müller-Zinsius will sich auf Nachfrage dazu nicht äußern, bestätigte allerdings die Existenz des Schreibens.

Als Autor des Berichts über Müller-Zinsius geht aus dem anonym zugesandten Schreiben das Unternehmen „UP Sicherheitsmanagement“ hervor. Geschäftsführer ist Uwe Petzold, der nach eigenen Angaben in seinem Firmenprofil auf der Internetseite 1979 seine Tätigkeit „in einer staatlichen Sicherheitseinrichtung begann und dort im Bereich der Verbrechensaufklärung zum Einsatz kam“. 1990 sei der Wechsel in die Privatwirtschaft erfolgt. Wie aus Unterlagen, die den PNN vorliegen, hervorgeht, hat Petzold für die Staatsicherheit der DDR gearbeitet. Auf Nachfrage dementierte der Privatdetektiv am Freitag nicht, den Bericht über Müller-Zinsius geschrieben zu haben. Er wolle dazu aber keine Stellungnahme abgeben, sagte Petzold. Er kenne Geschäftsführer Peter Paffhausen und auch die Stadtwerke Potsdam, erklärte Petzold.

Aus dem vierseitigen Schreiben aus dem Jahr 2001 geht hervor, dass Hintergrund des Spitzelberichtes eine mögliche Übernahme der damaligen Wohnungsbaugesellschaft Gewoba – heute Pro Potsdam – durch die Stadtwerke sei. Bekanntlich hatte Paffhausen vor einigen Jahren ein Projekt mit dem Arbeitstitel „Krone“ angeschoben, das eine Fusion aller städtischen Unternehmen vorsah.

In dem mutmaßlichen Spitzelbericht von 2001 wird Müller-Zinsius einerseits ein positives Führungszeugnis ausgestellt. An verschiedenen Stellen taucht der Name der Firma „Semmelhaack“ auf, es geht um Beziehungen. Erwähnt wird auch, dass Müller-Zinsius sich mehrere Mitarbeiter aus Berlin geholt habe. Auch private und weitere berufliche Sachverhalte werden in dem Dossier erörtert. Der Autor nennt das Schreiben einen „Zwischenbericht“.

Paffhausen lehnte am Freitag jede Stellungnahme zu den Vorwürfen ab. Nach PNN-Informationen soll der Aufsichtsrat der Energie- und Wasser Potsdam GmbH (EWP) – Stadtwerke-Tochter unter Führung von Paffhausen – auf dessen Tagesordnung der Spionagevorwurf am, Freitag stand, Paffhausen mehrheitlich gestützt haben.

Paffhausen ist seit Gründung der Stadtwerke im Jahr 2000 deren Geschäftsführer. Nach Potsdam kam er 1997 als Chef der damaligen Energieversorgung Potsdam (EVP). 2000 setzt er die Rekommunalisierung des Wasserbetriebs durch. Immer wieder gerät er mit dem von ihm verantworteten Stadtwerkefestival in die Kritik. Der Vertrag des 61-Jährigen wurde jüngst verlängert.

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