Landeshauptstadt: Exners Liste der Grausamkeiten
Für die Schulfinanzierung wird im Kultur- und Sportbereich gespart, auch höhere Steuern sind geplant
- Henri Kramer
- Matthias Matern
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Bauen nur nach Mindeststandards, kaum noch wachsende Zuschüsse für Kultur und Sport, höhere Steuern: Stadtkämmerer Burkhard Exners (SPD) Pläne für die Finanzierung des 160-Millionen-Euro-Pakets für neue Schulen in Potsdam bergen viel Zündstoff. Es geht um Mehrbelastungen für den städtischen Haushalt von bis zu 16,4 Millionen Euro pro Jahr – bis 2023. Ein Überblick.
Wie will Exner das nötige Geld auftreiben?
Exner schwebt ein Vier-Säulen-Modell der Finanzierung vor. Die größte Säule sind Einsparungen der Stadtverwaltung bei freiwilligen Leistungen – etwa in der Kultur –, durch die bis 2023 allein bis zu acht Millionen Euro pro Jahr extra zur Verfügung stehen könnten. Bis zu vier Millionen Euro zusätzlich pro Jahr sollen die kommunalen Unternehmen beisteuern, Steuererhöhungen sollen jährlich weitere drei Millionen Euro einbringen. Zum Vergleich: Durch Potsdams ungebremstes Wachstum erwartet der Kämmerer lediglich bis zu 1,4 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr, die er vom Land für die steigenden Einwohnerzahlen bekommt. Allein für die nächste Haushaltsplanung müssen bis 2019 rund neun Millionen Euro pro Jahr eingespart werden – nur für diese Summe gelten die aktuellen Steuer- und Einsparpläne. Für die restlichen Millionen müsste die dann neu gewählte Stadtverordnetenversammlung vermutlich weitere Einsparungen beschließen. Dafür ist eine Arbeitsgruppe geplant, in der alle Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung vertreten sein sollen. Auch die Potsdamer sollen im Rahmen des Bürgerhaushalts eigene Sparvorschläge machen können.
Was bedeutet die geplante „Grundsteuer B“-Erhöhung?
Werden Exners Pläne wahr, spielt Potsdam in der Liga der ganz Großen mit – zumindest was die Grundsteuer betrifft. Laut Exners Plänen soll der Hebesatz für die sogenannte Grundsteuer B, die für bebaute und bebaubare Grundstücke sowie für Gebäude anfällt, bis 2016 in zwei Schritten von derzeit 493 Prozent auf 580 Prozent steigen. Damit würde sich Potsdam nicht nur im Landesvergleich noch weiter von den anderen Kommunen absetzen, sondern auch Städte wie München oder Hamburg deutlich hinter sich lassen. In der bayerischen Landeshauptstadt etwa beträgt der Hebesatz derzeit 535 Prozent und in Hamburg 540 Prozent. Lediglich in Berlin liegt der Hebesatz mit 810 Prozent konkurrenzlos hoch. Düsseldorf erhebt nur 440 Prozent. Aktuell ist die Pro-Kopf-Belastung in Hamburg, München und Düsseldorf viel größer als in Potsdam. In Hamburg etwa liegt sie bei 229 Euro, in Potsdam bei 116 Euro.
Wer kritisiert die Steuererhöhungen?
Verbände der Wohnungswirtschaft – etwa der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen – kritisieren die Potsdamer Pläne als Mietpreistreiberei, da Vermieter die Steuerlast in der Regel umlegen. Für einen durchschnittlichen Mieter würde die Belastung pro Jahr um rund 14 Euro steigen. Exner selbst verweist darauf, dass der aktuelle Potsdamer Hebesatz im bundesweiten Vergleich zu niedrig angesetzt sei. Schon 2012 hatte Exner die Grundsteuer erhöhen wollen – damals war dies am Widerstand der Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP gescheitert. Exner will die Steuererhöhung noch vor der Kommunalwahl im Mai beschließen lassen.
Wo will die Stadt überall einsparen?
Die Einsparungen sollen schrittweise erfolgen – zunächst geht es um rund drei Millionen, bis 2023 um acht Millionen Euro. Unter anderem sollen die freiwilligen Leistungen der Stadt – etwa in Bereichen wie Kultur und Sport – ab 2015 nur noch um maximal 1,5 Prozent steigen dürfen. In der Vergangenheit hatte es zum Teil gerade im Kulturbereich deutlich höhere Steigerungen der Zuschüsse gegeben, um Mehraufwendungen etwa für Lohnerhöhungen ausgleichen zu können. Neue institutionelle Förderungen schließt Exner aus. Bei Bauprojekten der Stadt wie den neuen Schulen soll künftig gelten, dass alle gesetzlichen Mindeststandards für beispielsweise Raumgrößen zugleich die maximale Obergrenze sind.
Welche weiteren Schritte sind geplant?
Exner will auch einen CDU-Vorschlag prüfen, ob private Träger neue Schulen bauen und betreiben können. Zudem will Potsdam bei der Schulentwicklung die Möglichkeiten einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark untersuchen.
Wie sollen die kommunalen Unternehmen die Schulen finanzieren?
Die städtischen Unternehmen sollen für die Schulneubauten bis 2017 rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr an die Stadt überweisen, dann bis 2019 zwei Millionen und in einem weiteren Schritt sogar vier Millionen Euro. So sollen die Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr abgesenkt werden – also für den Verkehrsbetrieb (ViP) als Tochter der Stadtwerke. Eine separate Erhöhung der Vip-Ticketpreise wegen der Sparpläne hatte ein Stadtwerke-Sprecher zuletzt als unrealistisch bezeichnet, da die Tarifpolitik im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg abgestimmt werde.
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