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Homepage: Fahndungsfoto für Einsteins Wellen

Das Albert-Einstein-Institut für Gravitationsphysik hat einen neuen Hochleistungsrechner. Damit wollen die Forscher der Verhalten von Schwarzen Löchern und Neutronensternen simulieren - sie hoffen auf einen wissenschaftlichen Durchbruch.

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Stechapfel, Tollkirsche und Kaktus – dass Computer mit den lateinischen Namen dieser mehr oder weniger giftigen Pflanzen ausgerechnet im Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, dem Albert-Einstein-Institut auf dem Wissenschaftscampus in Golm (AEI), stehen, verwundert vielleicht im ersten Moment. Aber es hat Tradition, wie Institutsdirektor Bernard F. Schutz gestern erklärte: Die ersten Gravitationsphysiker in Potsdam bauten sich damit eine Art mentale „Festung“ gegen die wissenschaftliche Konkurrenz im Ausland. Das ist mittlerweile eigentlich nicht mehr nötig: Das AEI gilt auf dem Gebiet der Simulation kosmischer Katastrophen als weltweit führend. Trotzdem heißt der am gestrigen Dienstag dort eingeweihte neue Hochleistungsrechner „Datura“ – lateinisch für Stechapfel.

Die zwei Meter hohe, 5,60 Meter breite und durch die Lüfter ohrenbetäubend laute Computer-Schrankwand im Keller des AEI ist den Angaben zufolge das schnellste Rechen-Cluster in der Region Berlin-Brandenburg. Mit 2400 Prozessoren, 200 Servern und 4,8 Terabyte Arbeitsspeicher kommt er auf eine maximale Rechenleistung von 25,5 Teraflops – das entspricht unvorstellbaren 25 500 Milliarden Rechenoperationen in der Sekunde. Knapp 1,1 Millionen Euro hat die Max-Planck-Gesellschaft dafür bezahlt.

Mit dem Superrechner sollen die Zusammenstöße von Schwarzen Löchern und Neutronensternen simuliert werden. Auf diesem Weg wollen die Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe um Professor Luciano Rezzolla den sogenannten Gravitationswellen auf die Spur kommen. Es handelt sich dabei um winzige Kräuselungen in der Raumzeit, die Albert Einstein vorhergesagt hat, und die bei kosmischen Extrem-Phänomenen wie dem Neutronenstern-Crash entstehen sollen. Trotz intensiver Suche – laut Rezzolla sind momentan weltweit 800 Wissenschaftler damit befasst – konnte die Wellen bislang aber niemand nachweisen.

Mit der Simulation der Extrem-Ereignisse auf dem Superrechner wollen die Potsdamer Forscher einen Schritt weiterkommen. Denn die simulierten Wellensignale könnten helfen, die echten Gravitationswellen im Datenrauschen der Detektoren zu erkennen, sie würden wie ein „Fahndungsfoto“ die Chancen auf die Entdeckung steigern, so die Hoffnung der Wissenschaftler. Laut Rezzolla geht es um die „wichtigste Entdeckung unseres Jahrhunderts“. Die Gravitationswellen könnten ein „neues Fenster“ zum Verständnis des Universums öffnen.

Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (parteilos), die den Rechner per Mausklick symbolisch in Gang setzte, sagte, er sei „wichtiger Beitrag zur Etablierung exzellenter Forschung in der Region“. Das AEI sei nicht nur weltweit führend, sondern auch „in der Region vernetzt“, lobte die frühere Uni-Präsidentin, die auch im AEI-Kuratorium sitzt. Das Institut spiele „eine richtungsweisende Rolle für die gesamte Hauptstadtregion“. Trotz der aktuellen Finanz-Diskussionen stehe für die Landesregierung das Streben nach exzellenter Forschung sowie exzellent aufgestellten außeruniversitären und universitären Institutionen weiter im Fokus, betonte sie. Jana Haase

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