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Ein Ausbund an Beweglichkeit ist die Welsdame Weline nicht gerade. Mit ihrem Hotelzimmer im Aquarium des Naturkundemuseums kommt sie gut klar und döst als nachtaktives Tier gern tagsüber in ihrer Schlummerecke.

© Andreas Klaer

Von Hella Dittfeld: Fauler Wels, fleißige Naturkundler

Vor zehn Jahren stand die Aquariensanierung auf der Kippe, nun feiert das Museum 100-Jähriges

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Innenstadt - Der Welsdame namens Weline, geht es prächtig. Sie räkelt sich in ihrem 3,70 Meter langen Becken und benimmt sich so, wie es ihrem Charakter entspricht. Als nachtaktives Tier träumt sie bei Tage meist vor sich hin und schnappt erst gegen Abend ihr Menü a la Lebendfisch. Seit der Wels 2001 ins Becken eingesetzt wurde, ist er nicht viel länger geworden, etwa zehn Zentimeter hat er zugelegt und misst jetzt 1,60 Meter, aber die Dame ist erheblich rundlicher geworden. „Weline lebt hier wie in einem Hotel“, meint Naturkundemuseumschef Detlef Knuth, der als Ichthyologe weiß, wovon er spricht.

Welse lieben auch in Seen das Unterwassergestrüpp und suchen tiefe, dunkle Lebensräume auf, um sich zu verstecken. „Der Wels hat gern drei Druckpunkte, an die er sich anlehnen kann. Dann fühlt er sich sicher.“ Interessant ist, dass die Anpassung geht so weit geht, dass Welse entsprechend dem Lebensraum schneller oder langsamer wachsen. Weline macht übrigens gerade ein vorsichtiges Winterfasten durch. Sie mäkelt und schnappt nur nach ausgewähltem Futter. Ein Leckerbissen wären Stinte mit ihrem gurkenähnlichen Aroma. Leider gibt es die inzwischen so selten, dass Weline sich mit Weißfischen aus der Havel begnügen muss. An die Besucher, auch an lärmende Kindergruppen, hat sich der Wels gut gewöhnt und straft sie einfach mit träger Verachtung.

Der Wels könne noch mindestens zehn Jahre wachsen, auch dann sei das etwa fünf Kubikmeter Wasser fassende Aquarium groß genug, betont Knuth. Die artgerechte Haltung wird übrigens auch im Naturkundemuseum regelmäßig von der Amtstierärztin überprüft. Das Museum hält aktuell 40 heimische Fischarten, vier Krebs-, sechs Muschel- und vier Schildkrötenarten. Insgesamt tummeln sich knapp 700 Tiere im Museumskeller. Und es gibt Tierfreunde, die regelmäßig nachschauen, ob es ihren Lieblingen gut geht. „Natürlich haben auch unsere Tiere manchmal Krankheiten und Verletzungen, die wir nicht immer ausheilen können. Aber in den 16 Aquarienbecken werden die Fische viel älter als in freier Wildbahn“, so Knuth. Als Futterreservoire dient übrigens der Bornstedter See, den das Naturkundemuseum in eigener Regie bewirtschaftet. Dort gebe es einen gut ausgewählten Fischbestand, der sich aber leider an den Wasserflöhen schadlos halte. Die müsse man inzwischen zukaufen.

Die Zukunft Welines und der anderen Aquarienfische ist also gesichert. Wer aber erinnert sich noch daran, dass das Weiterbestehen des Naturkundemuseums mitsamt Aquarium vor zehn Jahren auf der Kippe stand und es das 100-jährige Bestehen 2009 beinahe nicht im eigenen Haus hätte feiern können. Als die Breite Straße 13 Ende der 90er Jahre unbedingt saniert werden musste, da wurde schon damals wegen fehlender städtischer Gelder über Schließung und die Aufgabe des Aquariums nachgedacht. „Wir haben es vor allem den Aquarianern zu verdanken, dass das nicht geschehen ist“, erinnert sich Knuth. Die protestierten und schenkten 1999 dem Oberbürgermeister, der damals Matthias Platzeck hieß, einen Kampffisch.

Ständig wechselnde Ausstellungen, steigende Besucherzahlen, eine intensive Kinder- und Jugendarbeit bezeugen inzwischen die Beliebtheit des Hauses und nun hofft der Museumschef, dass auch noch die letzte Hürde genommen werden kann. „Wir werden der Stadtverordnetenversammlung unsere Pläne zum Ausbau des Hauses in der Breiten Straße 11 im Jubiläumsjahr erneut vorlegen, denn wir passen genau ins Spektrum der Bundesförderung von Bildungseinrichtungen und unsere Ausbauplanung ist fertig“, meint Knuth.

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