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Von Jana Haase: Film ist sein Hobby

Marcus Müller stand mit Kate Winslet und Helen Mirren vor der Kamera – eigentlich ist er Ägyptologe

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Er war Stasi-Oberfeldwebel im „Leben der Anderen“ , Lehrer in „Die Welle“ und Demonstrant im „Baader Meinhof Komplex“. Die Liste der Filme, für die Marcus Müller allein in diesem Jahr vor der Kamera stand, liest sich wie ein Who-is-who der Filmstars aus Deutschland und Hollywood: „Der Vorleser“ mit Kate Winslet, Ralph Fiennes und Bruno Ganz, „The Last Station“ mit Oscar-Preisträgerin Helen Mirren, „Hilde“ mit Heike Makatsch, „Lila, Lila“ mit Daniel Brühl oder „Mogadischu Welcome“ mit Thomas Kretschmann und Nadja Uhl, um nur einige zu nennen. Momentan hofft er auf einen Auftritt in Tarantinos „Inglorious Bastards“, der ab Oktober in Babelsberg gedreht wird.

Seit Marcus Müller vor fünf Jahren als Komparse bei der „Die Bourne Verschwörung“ mit Matt Damon arbeitete, kommt er vom Film nicht mehr los. Dabei ist der 41-Jährige eigentlich promovierter Ägyptologe: „Archäologie ist mein Traumberuf“, sagt er. Und doch liebt er es, in der Traumfabrik Film hinter den Kulissen zu stehen. Dabei fasziniert es ihn immer wieder, wie die Schauspieler „auf Knopfdruck“ in ihre Rolle fallen. „Wenn man beim Film arbeitet, lernt man auch, Filme aufmerksamer anzuschauen“, erzählt Müller. Zusätzlich zur Haupthandlung achtet er mittlerweile auf Kameraführung, das Gesamtensemble oder die Schnitttechnik.

Gerade vom Schnitt hängt es am Ende auch ab, ob der Potsdamer wirklich auf der Leinwand zu sehen ist. „Da muss man Glück haben“, meint er. Denn manchmal fliegen Szenen heraus, obwohl die Statisten dafür stundenlang am Set warteten. In anderen Fällen bewegt sich die Kamera so schnell über die Szene, dass von den Komparsen nur ein „Wisch“ bleibt, wie Marcus Müller sagt.

Aber solche „Wischer“ nimmt er gern in Kauf, um irgendwann einmal so viel Glück zu haben wie beim Dreh zu „Die Helden aus der Nachbarschaft“, einem Kiez-Film aus Berlin. Noch jetzt gerät Müller ins Schwärmen, wenn er an den Tag zurückdenkt, an dem die Low-Budget-Produktion auf der diesjährigen Berlinale lief: „Auf dieser Riesenleinwand war ich ganz alleine zu sehen.“ Zum ersten Mal hatte er eine Großaufnahme: „Das war perfekt, sagenhaft, Oberhammer.“

Über seine Komparseneinsätze macht sich der gebürtige Ulmer indes keine Illusionen: „Wir sind menschliches Filmmaterial“, sagt er. Da hilft es vor allem, „kein Meckerer“ zu sein, meint der Ägyptologe. Etwa, wenn es früh um drei auf der Friedrichstraße einfach nur hundekalt ist. Oder er beim Dreh zum „Baader Meinhof Komplex“ an der Deutschen Oper in Berlin einen so heftigen Schlag gegen den Brustkorb bekommt, dass es noch zwei Wochen später schmerzt. Oder wenn aus den angesetzten zehn Drehstunden doch nur zwei werden.

Marcus Müller nimmt das alles gelassen. In Drehpausen korrigiert er Fachtexte oder schreibt Buchbesprechungen: „Ich habe immer was zu arbeiten dabei.“ Und wenn unerwartet Drehschluss ist, „dann gehe ich eben in die Bibliothek und mache meine normale Arbeit.“

Für die muss er mindestens genau so geduldig und zuverlässig sein wie für den Statisten-Job. 7489 Stein-Bruchstücke hat Müller in den vergangenen drei Jahren datiert, vermessen, systematisiert und genau beschrieben: Sie stammen aus der mehr als 3000 Jahre alten Stadt Piramesse, die er mit Kollegen im zentralen Nildelta ausgegraben hat. 2009 werden die Ergebnisse in einem Buch veröffentlicht. Dann soll auch der neue Tarantino-Film in die Kinos kommen. Ob mit oder ohne Marcus Müller, das steht noch in den Sternen.

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