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Landeshauptstadt: Filztüten für die Schulanfänger

Obwohl es anstrengend ist, filzen diese Schüler für ihre Firma. Und lernen dabei, wie ein Unternehmen arbeitet.

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Am Anfang gab es noch blutige Finger. „Ich habe mich ziemlich oft gestochen“, erinnert sich zum Beispiel Stephanie Böhmann: „Das tut sehr weh“, fügt die 16-Jährige hinzu. Denn die speziellen Nadeln, die man zum Filzen benutzt, besitzen winzige Widerhaken, erklärt sie dann. Dadurch verbinden sich die Wollfasern, die man vorher lose in eine Form – zum Beispiel eine Plätzchenform – gelegt hat, zu einem festen Filzgebilde. Damit das passiert, muss Stephanie allerdings etwa 20 Minuten lang immer wieder mit der Nadel durch die Wollgeflecht stechen. „Als richtige Arbeit wäre mir das auf Dauer zu anstrengend“, sagt sie. Und doch hat sie im vergangenen Oktober „Filz & Co“ mitgegründet und vermarktet nun selbst hergestellte Filzprodukte – auch übers Internet.

Die kooperative Schülerfirma betreibt Stephanie zusammen mit fünf weiteren Schülern der achten Klasse an der Theodor-Fontane-Oberschule, Zum Teufelssee 4, und Schülern der Förderschule Bruno Rehdorf, An der alten Zauche. Oft sehen sich die Unternehmenspartner der beiden Schulen allerdings nicht: Der Kontakt sei wegen der räumlichen Distanz etwas schwierig, erklärt Heide Wählt, die das Projekt an der Fontane-Oberschule als Lehrerin begleitet. Unterstützt wird es von der Servicestelle Schülerfirmen, die insgesamt fünf Schülerfirmen in Potsdam unterstützt.

Wie in einer richtigen Firma hat jeder Mitarbeiter seine Aufgabe: Während Stephanie für die Produktion verantwortlich ist, kümmert sich Jennifer Glass zum Beispiel um „Marketing und Design“. So überlegt sie, welche Produkte zu welchen Anlässen angeboten werden könnten, erzählt die 14-Jährige. So gebe es zum Tag der offenen Tür oder bei Schulfesten einen Stand. Kunden sind hauptsächlich Eltern und Schüler, sowie Leute aus dem Wohngebiet, weiß Jennifer. Ihre neueste Idee sind Anstecke mit kleinen Schultüten aus Filz – für die Schulanfänger des kommenden Schuljahres.

Die Aufgabenverteilung hat seinen Sinn, erklärt Lehrerin Heide Wählt: So bekämen die Schüler einen Einblick, welche Abteilung es überhaupt in Firmen geben kann. Das Schülerfirmenprojekt bezeichnet sie deshalb als „berufsvorbereitend“. In ihren Augen steht der finanzielle Gewinn auch nicht im Vordergrund: Entscheidend seien die Kompetenzen, die die Schüler erwerben, erklärt sie.

So haben Philip Jung, Robert Bölke, Maik Busse und Nico Dützmann gelernt, wie man eine Webseite gestaltet. Das habe sich „langsam entwickelt“, erklärt Philip. Das nötige Computer-Wissen habe ihnen ein Student in einem Crashkurs vermittelt. Jetzt, wo die Seite läuft, müssen lediglich Aktualisierungen vorgenommen werden: Zum Beispiel müssen neue Produkte fotografiert und eingestellt werden. Zudem muss jeden Tag nach Bestellungen gesehen werden. Eine Stunde pro Woche nimmt das in Anspruch, erzählt Philip.

Richtig zufrieden sind die Filzer mit der Internetvermarktung noch nicht: „Die Zugriffe sind relativ gering“, sagt Heide Wählt. Der Versand klappe jedoch „schnell“ – jedenfalls, wenn das Produkt auf Lager sei. Bei Anfertigungen könne es schon einmal zwei Wochen bis zur Lieferung dauern.

Gearbeitet wird während des so genannten „Mittagsbandes“, erklärt die Lehrerin. Dafür steht den Schülern die Küche des Schülercafés im Erdgeschoss zur Verfügung. Die brauchen sie auch, weil sie längst nicht mehr nur „trockenfilzen“ – so heißt die Anfangs beschriebene Technik mit der Nadel.

An der Bruno-Rehdorf-Schule am Schlaatz haben sie auch das „Nassfilzen“ gelernt. „Das dauert länger“, erklärt Jennifer. Dafür werde das Produkt aber auch stabiler. Die lose übereinander gelegten Wollfasern müssen mit einer Seifenlauge, die man vorher aufgekocht hat, besprüht werden. Dann deckt man das Ganze mit einer Folie ab und bearbeitet es mit kreisenden Bewegungen: Wie beim Trockenfilzen beginnen sich die Wollfasern zu verbinden. Später muss das Objekt in Seifenlauge getaucht und schließlich „gewalkt“ und in Form gebracht werden. Wunderschöne, mehrfarbige Blumen zur Dekoration kann sie so herstellen, Windlichter, Modeschmuck oder eine Katze aus Filz: Für diese besonders komplizierte Figur brauche sie drei Stunden, erklärt Stephanie. „Es hat Spass gemacht, das zu lernen“, findet Stephanie.

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