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In gut zwei Wochen starten die „Sehsüchte“. Eine Vorschau auf das 37. Internationale Studentenfilmfestival
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Im obersten Regal steht die „Kiste des Grauens“. Das jedenfalls verkündet die Aufschrift auf der einfachen Pappschachtel. Darin sind die DVDs gelandet, bei denen irgendwas nicht geklappt hat oder wichtige Informationen fehlen, erklärt Arne Brücks, einer der Köpfe hinter dem Studentenfilmfestival „Sehsüchte“. Mit Blick auf elf Regalmeter funktionierender Filme ist die Grauens-Kiste allerdings erstaunlich klein.
Durch mehr als 800 Filme mussten sich Brücks und seine fünf Mitstreiter aus der Programmgruppe in den vergangenen Wochen kämpfen. Es sind traditionell die Erstsemester des Studiengangs Medienwissenschaften an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“, die das Programm für das „größte Internationale Studentenfilmfestival Europas“ auf die Beine stellen, erklärt der 26-Jährige. Für ihn bedeutete das ein Tagespensum von 25 bis 30 Filmen. Aber trotz der unvermeidlichen Routine, die man dabei entwickelt, habe sich das „Gänsehautgefühl“ einige Male eingestellt. Eine gute Voraussetzung für den Film, um es ins Festivalprogramm zu schaffen.
Etwa 125 Filmen aus 26 Ländern ist das in diesem Jahr gelungen, sagt Arne Brücks. Vom 23. bis 27. April werden sie zu sehen sein – wie gewohnt im Thalia-Kino in Babelsberg. Auch Filmemacher, unter anderem aus Israel, Skandinavien und Indien, sind eingeladen. Die Besucher des 37. Sehsüchte-Festivals erwartet eine „bunte Mischung“, weniger düster als im vergangenen Jahr, verspricht Brücks. Es werden gesellschaftskritische Filme gezeigt, aber auch schwarze Komödien, lustige Animationsfilme, Science Fiction und „Beziehungsgeschichten in allen Altersklassen“. Insgesamt laufen 24 Blöcke mit Filmen von einer Minute bis 100 Minuten Länge.
Neu im diesjährigen Programm sind der Musikvideo- und der Kinderfilmblock. Bei beiden ist der Eintritt kostenlos, so Brücks. 14 Videos – von Rock und Pop über Trance bis hin zu Experimentellem – wurden für die Musiksektion ausgewählt. Dass die Clips es später ins Musikfernsehen schaffen könnten, ist gar nicht so unwahrscheinlich. Schließlich konnten die Festivalorganisatoren den Musiksender MTV Networks Germany als Sponsoren für den neuen Musikvideopreis gewinnen. Die dreiköpfige Jury für diesen Preis ist besetzt mit Musik-Moderator Markus Kavka, Markus Adam, der Leiter der Talent-Abteilung bei MTV ist, und Musikvideoregisseur Jörn Heitmann, der unter anderem Clips für Rosenstolz und Rammstein gedreht hat.
Auch der Kinderfilmblock ist mit einem neuen Preis verbunden. Ausgelobt wurde er von der Erfurter Kinderfilm GmbH. Hier bilden die Kinder selbst die Jury, erklärt Arne Brücks. Potsdamer Schulen seien im Vorfeld eingeladen worden. Einige Zusagen gebe es bereits. In den insgesamt sechs Kurzfilmen des Blocks dreht sich alles um die Liebe, ums Erwachsenwerden und um Konflikte mit den Eltern, verrät Brücks. Insgesamt kommen die 37. Sehsüchte auf 15 Preise mit einer Preissumme von zusammen 53 700 Euro.
Regionaler Schwerpunkt der „Fokus“-Sektion am Festival-Freitag wird in diesem Jahr gleich ein ganzer Kontinent sein: Afrika. Neun Filme, unter anderem aus Uganda, Ägypten und Nigeria, werden gezeigt. Dass es sich dabei längst nicht mehr um Ausnahmeerscheinungen handelt, sondern Nigeria unter dem Spitznamen „Nollywood“ mittlerweile als drittgrößte Filmnation der Welt gilt, soll auf einer Podiumsdiskussion erörtert werden. Dabei kommen auch Stimmen aus anderen afrikanischen Ländern zu Wort. Abgerundet wird das Ganze am Abend im Thalia-Foyer mit Trommlern und Tänzern der Gruppe „Dazaa Dazaa“ aus Nigeria sowie Reggae-Musik.
Einer der von Brücks favorisierten Filme kommt allerdings nicht aus Afrika, sondern aus dem Norden, genauer gesagt aus Finnland. „Tässä“ erzählt in Spielfilmlänge eine Geschichte von Freundschaft, Familie und Gemeinschaft, in der der Tod nicht ausgespart wird. „Eine schwarze Komödie mit offenem Ende“, schwärmt Arne Brücks.
Auch an den skurrilsten Moment der Filmsichtung kann Brücks sich gut erinnern. In die schwarze Leinwand hinein sagte eine Stimme: „Stellen Sie sich etwas vor!“ Die von Berufs wegen experimentierfreudige Programmgruppe ließ sich auf die Forderung ein. Erst nach einigen Minuten mit geschlossenen Augen stellte Brücks fest: Der Film war ein Fall für die „Kiste des Grauens“.
Das gesamte Programm im Internet unter www.sehsuechte.de
Jana Hase
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