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Landeshauptstadt: Fliegende Späne

Im Lustgarten wurden die Deutsche Meisterschaft und der Europacup im Sportholzfällen ausgetragen

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Deutscher Rekord, Deutscher Meister und Europacup-Sieger: Wäre es am vergangenen Wochenende im Lustgarten um Leichtathletik gegangen, der Austragungsort Potsdam würde in die Annalen eingehen. Aber es geht ums Holzfällen.

Timbersports heißt das neudeutsch – eben Holzsport –, und wird vermarktet von der Firma Stihl, die vor allem mit Forstwerkzeugen bekannt geworden ist. Doch wer an ein ausschließliches Marketing-Event glaubte, wurde am Samstag beim Anblick der zwölf Sportler, die um die Meisterkrone kämpfen, eines Besseren belehrt. Für sie ist es Wettbewerb pur. Die Holzspäne fliegen durch die Luft, die Gesichter glänzen, die Shirts sind durchgeschwitzt, und das kommt nicht allein von den sehr hohen Temperaturen auf dem schattenlosen Platz. Dabei zählen nicht allein Stärke und Kraft – Präzision und Technik sind oft genau so ausschlaggebend für den Sieg.

Sechs Disziplinen sind für die Deutsche Meisterschaft zu absolvieren. Zum Einsatz kommen Ketten- und Handsägen und die Axt – das ganze Repertoire eines Holzbauerns. Nur edler, hochgezüchteter. Ganzer Stolz des Sports und ein Sensibelchen in Sachen Wartung und Pflege ist die Hot Saw: Eine 62 PS starke Motorsäge, deren Kette sich mit bis zu 250 Stundenkilometern dreht. 27 Kilogramm wiegt das Monstrum. Eine handelsübliche Motorsäge hat höchstens acht PS und ist unter zehn Kilo schwer.

Die Sportler treten entweder mit einem vorher überprüften Eigenbau an oder nutzen gestellte Hot Saws. Dirk Braun aus dem Sauerland hat seine eigene. Der Waldarbeiter – ein Großteil der Sägesportler ist im Forstbereich tätig – ist als amtierender Deutscher Meister angereist. Doch, kurz vor dem letzten Wettkampf um die nationale Krone macht ihm einer die Verteidigung des Titels streitig, ausgerechnet der Jungspund der Teilnehmer. Mit zwei Punkten liegt der 22-jährige Robert Ebner aus dem bayrischen Ottelmannshausen vor dem alten Hasen. Es wird ein Herzschlagfinale. Ein Punkt Vorsprung entscheidet schließlich den Sieg zugunsten des 36-jährigen Braun. „Einerseits ist dieser zweite Platz schön, aber natürlich auch ärgerlich, wenn es so knapp ist“, sagt Ebner. Den Ärger kompensiert er im Sport. Beim sonntäglichen Europacup – dabei kämpfen 28 Sportler um die Krone im europäischen Sägesport – egalisiert er flugs seinen erst tags zuvor eingestellten deutschen Rekord in der Disziplin Standing Block, in der das Fällen eines Baums mit einer Axt simuliert wird. Unter 20 Sekunden benötigt der Youngster für den 30 Zentimeter dicken Holzblock. Selbst Meister Braun aus dem Sauerland kann die Zeit des jungen Bayern nicht knacken.

Nur zwei Sportler in der Serie kommen aus den neuen Bundesländern. Einen Grund dafür gibt es nicht wirklich. Denn eigentlich, sagt René Heims aus Boizenburg und damit einer der zwei, komme man mit regelmäßigen Training gut an die deutsche Spitze heran – die derzeit von einem Kampf zwischen Erfahrung und jugendlicher Frische dominiert wird. Auch am zweiten Tag kann sich schließlich aber der Altmeister Braun durchsetzen und beendet den Wettkampf als Europacup-Sieger. Ebner wird Sechster – und so haben sich beide für die Europameisterschaft der Timbersportler in Waiblingen qualifiziert.

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