Landeshauptstadt: Flower-Power mit Ökobilanz
„Heute frische Kleidung“ steht auf einer Tafel vor der Unikaterie. Hier gibt es hochwertige individuelle und auch exzentrische Kleidung – made in der Region
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Unikaterie – das klingt irgendwie nach einer französischen Spezialität. Speziell ist hier alles, französisch hingegen nichts. „Alles hier ist aus der Region oder zumindest aus Deutschland“, sagt Ilka Poethke. Und vor allem: einzigartig. Die 44-Jährige trägt selbst so ein Unikat, einen moosgrünen Mantel aus gewalkter Wolle. Schlanke, eng anliegende Ärmel, eine praktische Kapuze und eine angenehme Winterlänge bis fast zum Knie machen das Kleidungsstück ideal für die kalten Monate.
„Zum Jahreszeitenwechsel machen wir den meisten Umsatz“, sagt Ilka Poethke. Wenn es kalt wird oder wieder frühlingshaft, dann bekommen die Kunden Lust auf Neues. Und suchen das in dem kleinen Laden, 40 Quadratmeter gefüllt mit Damen- und Herrenkleidung, Kindersachen, Accessoires, Spielzeug und Schmuck. Stücke aus der Unikaterie sind dabei nicht nur schick, sondern immer auch etwas Besonderes. Höchstens ein Exemplar in jeder Größe wird von den Herstellern gefertigt. Man läuft also keine Gefahr, auf dem Markt der gleichen Jacke noch einmal zu begegnen.
Seit 2011 gibt es das Geschäft in der Lindenstraße. Damals stieg Gloria Poethke mit ein in die kleine Firma ihrer Schwester, die einen Laden in Berlin führte. Also wurde die zweite Unikaterie in Potsdam eröffnet, wenig später folgte eine Filiale in Leipzig. Die Potsdamer Klientel sei sehr vorbildlich, bewusste Einkäufer. „Denen ist Qualität wichtig“, sagt sie. Doch Handarbeit und hochwertige Stoffe in Bioqualität, das hat seinen Preis. Der Mantel kostet 200 Euro, und es gibt auch welche, die doppelt so teuer sind. Dafür, so die Inhaberin, halten solche Lieblingsstücke sehr lange. „Da zerfällt oder fusselt eben nichts nach drei Jahren“, sagt sie.
Aufgewachsen sind die beiden Schwestern in einem Dorf bei Brandenburg. Immer schon habe sie sich für Werkstätten interessiert, sagt Ilka Poethke. „Mich faszinieren Menschen, die etwas mit Liebe tun. Mit Leidenschaft.“ Der Laden ist folglich eine Plattform für die überraschende Produktvielfalt der Heimwerkstätten, Familienbetriebe und kleinerer Manufakturen. Von Menschen, die durchhalten, auch wenn sie davon nicht reich werden, weiterhin bescheiden leben und dennoch ihre Träume verwirklichen. Die losgelöst von modischen Trends hochwertige Stoffe verarbeiten – das ist den Inhaberinnen wichtig. Sie schauen deshalb auch auf Details. Der Stoff kann noch so hochwertig sein – wenn dann der 20-Cent-Reißverschluss nicht hält, was er verspricht, war alle Mühe umsonst.
Ob es etwas in den Laden schafft, hängt von mehreren Faktoren ab. Neben der Qualität sollte es zum Konzept passen, zum Stil: Lässiger Chic, sagt Ilka Poethke. Ist sie sich unsicher, bekommt das Stück eine Probezeit, um seine Liebhaber zu finden. So ungefähr wissen die beiden Frauen aber, was ihrer Kundschaft liegen könnte. Manchmal sieht sie schon nach wenigen Sekunden, was einer Frau gefallen und stehen könnte. „Mein Beruf hat ja nicht nur etwas mit Verkaufen zu tun“, sagt Ilka Poethke. Sie sei Beraterin. „Ich freue mich dann immer, wenn ich sehe, wie die Menschen in den neuen Stücken aussehen – egal ob sie am Ende etwas kaufen.“ Berührungsängste – das helfe bei einer Beratung nicht weiter, sagt sie. „Da kommt eine fremde Frau hinein und steht nach zehn Minuten in Unterwäsche in der Kabine – ein Körper mit all seinen Beulen“, sagt sie liebevoll.
Gerade deshalb wollen sie bequeme Kleidung anbieten. Wo nichts kneift, in der man sich aber dennoch schick angezogen fühlt. Die stilistische Breite reicht dabei von zeitlos alternativ über klassisch und elegant bis hin zu schrill. Für Frauen, die sich etwas trauen, sagt Ilka Poethke, und zeigt einen konfetti-bunten Mantel, in dem man garantiert nirgendwo übersehen wird.
Doch während Frauen hier einkaufen, einfach weil es ihnen gefällt, kommen Männer häufig, weil sie mit dieser Kleidung eine Botschaft verbinden, ein gutes Gewissen, eine optimale Ökobilanz. Mediziner, die zu einem Kongress wollen, kaufen hier lockere, aber hochwertige, alltagstaugliche Mode. Selbst Unterhosen, Bioboxershorts, sind im Programm.
Jetzt im Winter sind natürlich Mützen, Stulpen und Schals gefragt, auch Miniausgaben für Kinder sind vorrätig, niedlich oder sportlich, je nachdem. Könnte man in kleine Stofftäschchen verpacken oder in einen lustigen Wäschebeutel stecken, auch das gibt es hier.
Es sind tatsächlich die Kindersachen, die zunächst ins Auge fallen, wie auf einer Wäscheleine hängen sie im Schaufenster. Die Inhaberinnen haben selbst Kinder, sie wissen, worauf es dabei ankommt. Weil Kinder schnell wachsen, lohnt sich Kleidung, die mitwächst. Schlupfhosen mit breiten elastischen Bündchen an Bauch und Beinen zum Beispiel. Oder ärmellose Kleider, bunte Hängerchen aus warmem Wollstoff, die über jede kleine Prinzessin passen, erst als Maxi, später als Minikleid. „Kann man ewig tragen“, sagt Ilka Poethke.
Zwischen all den bunten Kleidern findet sich immer wieder Spielzeug. Puppenstubenmöbel aus Kroatien, gefertigt von einem Handwerker in der Region Istrien, in den traditionellen Mustern und Farben blau, weiß und rot. Daneben stehen Vintage-Blechautos. In Tschechien hat Ilka Poethke eine Werkstatt gefunden, die so etwas noch herstellt. „Die haben den deutschen Firmen die alten Blechstanzen abgekauft, die Autos sehen also alle aus wie damals“, sagt sie. Die Kovap-Blechautosammlung umfasst Polizeibulli und Reisebus, Traktor, Zirkuswagen und VW-Käfer. Diese habe schon so manchen Mann glücklich gemacht.
Lindenstraße 11, Tel. (0331) 81702944
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