
© Rebecca Miller
Homepage: Französischer Punkrock und Potsdamer Frust
Der Potsdamer Lehramtsstudent Patrick Ladenthin ist Sänger und Drummer der Punkband Schrottgorod
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Französischlehrer und Punk-Rocker – geht das zusammen? Es geht, denn der 22-jährige Patrick Ladenthin studiert nicht nur Französisch und Geschichte, sondern ist auch Drummer und Sänger der Punkband Schrottgorod. Der Name ist eine deutsch-russische Verballhornung von Eisenhüttenstadt, aus der Ladenthin – der seit 2009 in Potsdam wohnt und studiert – sowie seine zwei Bandkollegen Robert Martin (23) und Franz Becker (22) stammen.
Russische Texte gibt es bei Schrottgorod aber nicht zu hören, sondern deutsch-französische. „Englisch singen halt alle Punkbands, darum dachten wir, setzen wir dem doch etwas entgegen“, meint Ladenthin. „Die beiden Dinge schließen sich eigentlich aus: Französisch ist weich, geschwungen und romantisch, Punk hingegen ist schnell und aggressiv“, gibt er zu. Aber einem Punk-Rocker könne das egal sein. Außerdem: „Gerade dieser Mix gefällt mir gut“, so Ladenthin. Die Liebe zu Frankreich habe er wohl von seiner Mutter, die ebenfalls Französisch-Lehrerin ist, vermutet er. Er selbst hört gerne Chansons und französische Punk-Bands wie Guerilla Poubelle oder Les Sals Majestes, aber auch Social Distortion, Johnny Cash, Dritte Wahl oder die Toten Hosen.
Die drei Schrottgoroder kennen sich bereits seit vielen Jahren von der Schule. Doch obwohl alle für sich allein bereits seit Längerem Musik machten, kam die Idee zur Gründung einer gemeinsamen Band erst vor zwei Jahren. Aufgetreten sind sie unter anderem 2011 bei „Golm rockt!“ Im kommenden Frühjahr soll das Debütalbum erscheinen; ein halbes Dutzend Songs haben die drei mittlerweile aufgenommen, etwa die Hälfte davon auf französisch.
Nicht auf Französisch, sondern auf Deutsch ist der jüngste Titel der Band „S-Bahn“, zu dem auch noch ein Video gedreht werden soll. Da Gitarrist Martin und Bassist Franz – die beide an der Freien Universität Berlin Archäologie studieren – in Berlin wohnen, lag ein kleiner Frust-Song über die S-Bahn schnell auf der Hand: „Aus Berlin wünschen wir einen schönen Gruß, doch nach Potsdam kommst du leider nur zu Fuß“, heißt es darin sowie: „Nie wieder Krieg, nie wieder S-Bahn fahren!“
Über Potsdam gibt es für Ladenthin nicht so viel Unmut wie über die S-Bahn: „Es ist eine sehr junge und lebendige Stadt, ganz anders als Eisenhüttenstadt. In den letzten Jahren sind dort sehr viele Leute weggezogen und die Jugendkultur ist ziemlich tot“, erzählt der Lehramtsstudent. Dabei habe Patrick Ladenthins Heimatstadt, in der er auch heute noch gelegentlich auftritt, früher einmal eine recht aktive Band-Szene gehabt: „Aber seit etwa drei Jahren bricht das alles total weg, weil es immer weniger Möglichkeiten zum Auftreten gibt.“
Trotz allem haben die Schrottgoroder ihre ganze Jugend in Eisenhüttenstadt verbracht und das auch in ihrem Bandnamen verewigt. „Wir sind nicht nostalgisch, aber es ist ein kleiner Tribut und ein Zeichen, dass wir unsere Heimat nicht vergessen haben“, sagt Ladenthin. Auch wenn der Musiker gestehen muss: „Es ist nicht unbedingt die Stadt ist, wo man hin will.“
Dagegen schätze er die starke Förderung von studentischem und kulturellem Leben in Potsdam. „Mich stört nur immer dieser Konkurrenzkampf zwischen Potsdam und Berlin“, meint Ladenthin. „Potsdam hat es eigentlich nicht nötig, immer die zweite Wahl hinter Berlin zu sein, weder als Uni noch als Wohnort.“ Keine Frage: Ladenthin ist in Potsdam angekommen. Als Fußballfan ist er zudem längst ein Anhänger vom SV Babelsberg 03, dessen alternative Fans auch seiner eigenen Haltung entgegenkämen, wie er sagt.
Doch Schrottgorod hat es nicht leicht in der Landeshauptstadt: „Hier ist es oft schwer, an Auftritte zu kommen“, erzählt Ladenthin. „Die Punkszene grenzt sich von den Studenten ab, es ist echt schwer, in manche Locations reinzukommen. Wenn man anfragt, bekommt man oft keine Antwort, oder es heißt: Wir als Club schreiben die Bands an, und nicht umgekehrt. In Eisenhüttenstadt war das noch einfacher.“
Aufgrund der hohen Mieten kann sich die Band auch keinen Proberaum in Potsdam leisten, stattdessen probt man zwei bis dreimal in der Woche in einem Berliner Jugendclub in der Friedrichstraße. „Den Raum kann man allerdings nur stündlich mieten – das ist auch nicht so optimal“, meint Ladenthin. Einen bissigen Song über zu hohe Mieten gibt es von Schrottgorod zwar noch nicht, aber vielleicht kommt der ja noch. In Potsdam würden sie damit jedenfalls einige Fans finden. Erik Wenk
Schrottgorod im Internet:
www.myspace.com/schrottgorod
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