Landeshauptstadt: Frau Dolittle auf Hausbesuch
Die Potsdamerin Iljana Planke sagt, sie versteht die Sprache der Tiere und glaubt, dass sie jeder erlernen kann
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So etwas gibt es eigentlich nur im Märchen. Aber Iljana Planke sagt, sie kann es wirklich: mit Tieren reden. Und wer die Tierkommunikatorin bei der Arbeit begleitet, möchte ihr fast glauben.
Die Babelsbergerin spricht mit Pferden, Fischen, Katzen, Hunden, Vögeln und Mäusen. „Na Maus, heute schon was gegessen?“, fragt sie das kleine Fellknäuel, das – laut Planke äußerst hungrig – über den Bahnsteig huscht. Iljana Planke wartet auf dem die Regionalbahn Richtung Berlin. Ein Hausbesuch bei Labradormischling Uiski aus Berlin-Tegel steht an. Sein Frauchen Amy McNichols hat Planke angerufen, weil ihr Hund Probleme hat. Welche, weiß sie noch nicht, so genau habe sie mit der Klientin noch nicht gesprochen: „Ich will dem Tier unvoreingenommen gegenübertreten.“
Iljanas Plankes Berufsleben ähnelt dem des tierverstehenden Arztes Dr. Dolittle aus dem gleichnamigen Kinderbuch von Hugh Lofting. Zu ihrem nächsten Termin erscheint sie sogar in medizinisches Weiß gekleidet, selbst ihr langes braunes Haar wallt über eine extrem helle Lammfell-Jacke. Aber anders als Dr. Dolittle, der die Tiere schon als Kind verstand, hat die 39-Jährige deren Sprache erst vor fünf Jahren erlernt. Die ausgebildete Ausbau-Technikerin, die in der DDR Plattenbauwände anstrich, las 2002 zufällig in einer Zeitungsannonce, dass Amelia Kinkade, Star der amerikanischen Tierkommunikatorenszene, ein Seminar veranstaltet. Iljana Planke ging hin, weil sie sich plötzlich an die Märchen erinnerte, die sie in ihrer Kindheit gelesen hatte: Geschichten, in denen Raben und Pferde mit Menschen sprachen.
Nach dem Kurs hat sie sich gefühlt „als würde sie in einem fremden Land – in Afrika oder China – wie durch Zauberhand alle verstehen.“ Zuerst probierte sie das frisch Erlernte an ihrer eigenen Katze Saim aus, später auch an Tieren von Freunden. Mittlerweile lebt sie davon – in einer kleinen Neubauwohnung in Alt Nowawes. Und sie erteilt bereits selbst Unterricht darin, Tiere zu verstehen. Rund 30 deutsche Kollegen kennt sie. Das seien viel zu wenige, denn Tierkommunikatoren seien sehr gefragt. Für ihre Arbeit nutzt Planke nach eigenen Angaben Telepathie. Das sei nicht Übernatürliches – jeder besäße einen Sinn dafür. Sie erklärt das so: Wenn sich jemand in einem Café angeregt mit seinem Gegenüber unterhält, hört er nur, was dieser sagt. Steht dieser aber auf und geht, hört er, dass auch an anderen Tischen gesprochen wird. Ganz ähnlich sei das mit der Telepathie – „als ob man einen inneren Radiosender einschaltet, auf dem vorher nur Rauschen war“.
Aha, und die Tiere verstehen das auch? „Ja, ich spreche ganz normal deutsch mit ihnen.“ Und umgekehrt? Einen spanischen Hund beispielsweise, würde sie den verstehen? Über solche Fragen lacht Iljana Planke, die hört sie oft. Die Tiere sendeten ihr ja keine ganzen Sätze, erwidert sie. „Sondern höchstens mal ein Wort oder eine Zahl.“ Sie teilen viel mehr ihre Gefühle mit und Bilder, die sie sehen.
Der nächste, der ihr nun etwas mitteilen soll, ist Uiski. Der schwarze Hund wohnt in einer kleinen Stadtvilla, bei Amy McNichols, die im Flughafen arbeitet und ihrem Mann, einem Manager. Zu Plankes Kunden zählen vor allem Berliner und Potsdamer. Sie wirbt in verschiedenen Zeitschriften für ihre Arbeit und auf Esoterik- und Haustiermessen. Dort hält sie häufig Reden. Manche finden Iljana Plankes Angebot aber auch einfach in den Gelben Seiten. Wie das Ehepaar, das sich durch einen Maulwurf und eine Maus im Garten gestört fühlte. Iljana Planke hat mit den Störenfrieden gesprochen. Der Maulwurf sei sehr kooperativ gewesen und habe zugestimmt, seine Hügel künftig woanders zu errichten. „Die Maus allerdings hat sich schnippisch abgewandt“. Dass Tiere nicht mit ihr reden wollten passiert eben auch. „Manchmal haben sie auch einfach keine Lust.“
Amy Mc Nichols hat Plankes Telefonnummer aus einer Zeitschrift. Sie sei eine neue Kundin. Sie kenne McNichols nur von diesem einen Anruf, versichert die Tierkommunikatorin. Dass bei den Sitzungen jemand von der Presse dabei sein darf, ist nicht selbstverständlich. Planke selbst unterschreibt jedes Mal eine Verschwiegenheitsklausel. Denn Gespräche mit Tieren können sehr intim werden. Iljana Planke meint das wortwörtlich. Tatsächlich hat ihr ein Hund einmal sehr private Bilder aus dem Schlafzimmer gesendet, um ihr zu zeigen, warum er nicht mehr auf Frauchens Bett darf. Derartige Probleme hat Uiski aber nicht. Er liegt im Wohnzimmer zu Amy Mc Nichols Füßen auf einer Decke und harrt der Dinge, die da kommen werden. Die beiden Frauen über ihm auf dem Sofa reden erst einmal über das Geschäftliche: Sie übernehme keine Haftung für irgendwelche Schäden am Tier, stellt Planke klar.
Zwar kommuniziere sie mit den Tieren nach bestem Wissen und Gewissen. Das ersetze aber keinen Tierarzt. Uiski leckt sich unterdessen gelangweilt die Pfoten: „Eigentlich ist sie doch wegen mir gekommen“, sagt Planke plötzlich. Sie dolmetscht, was Uiski gerade fühlt. Offenbar haben die beiden die Unterhaltung bereits begonnen – ganz lautlos, eben telepathisch. Nun fragt ihn sein Frauchen, ob er irgendwelche Sorgen habe und Planke übersetzt die Antwort: „Hat er so etwas wie Sodbrennen? Ich spüre da so einen Schmerz“, sagt sie und fährt mit der Hand ihre Magengegend ab. „Ja, er hat Gastritis“, sagt Amy McNichols und nickt. Planke fährt fort: „Darum mag er diesen weichen Brei, den Sie ihm geben– eine weiße Masse.“ Uiskis Frauchen ist beeindruckt: „Oh, ich mach“ ihm immer einen hellen Brei aus Gemüse und Geflügelfleisch“, sagt sie. Der schmeckt, aber er wolle mehr Abwechslung, dolmetscht Planke Uiskis Wünsche. Sein Frauchen schreibt alles gewissenhaft in ein Heft. Dass der, um den es hier geht, schon längst durchs Nebenzimmer stöbert, stört nicht. Sie könne auch aus Distanz mit ihm reden, sagt Planke.
Uiski erzählt ihr, dass er beim Gassigehen oft Angst vor anderen Hunden habe. Dann fühle er sich ganz klein. „Ich sehe jetzt die Hunde aus seinen Augen wie aus der Froschperspektive“, erklärt sie. Amy McNichols erfährt, dass ihr Hund es gern hätte, wenn sie vorginge, um ihn zu beschützen, sobald Artgenossen den Weg kreuzen. Obwohl er sich eigentlich erwachsen fühle. „Ich sehe jetzt die Zahl Fünf“, sagt Planke und malt eine Fünf in die Luft: „Hier“. Und siehe da, Uiski ist fünf Jahre alt.
Zwei Stunden dauert das Gespräch. Planke bietet gleich noch Hilfe für einen problembehafteten Nachbarshund an und gibt Amy McNichols ihre Visitenkarte, falls diese dessen Halter trifft. 30 Euro plus Anfahrtskosten hat der Besuch der Tierkomminkatorin gekostet – für Amy McNichols eine lohnende Ausgabe. Am Ende sind alle froh: Der schwanzwedelnde Uiski (in diesem Fall auch ohne Telepathie verständlich), weil sein Herrchen gerade heim kommt. Amy McNichols, weil sie nun weiß, was ihr Hund will: „Das Meiste hatte ich aber schon geahnt“. Und Planke ist froh, weil alle froh sind.
Sie steht an der Bushaltestelle. Dieses Mal geht es zurück Richtung Potsdam. Es regnet, ein Mann geht mit seinem Hund vorbei. Iljana Planke lacht, der Hund hat mit ihr gescherzt. „So, aber jetzt mache ich Feierabend“, sagt sie und stellt wohl ihr inneres Radio wieder auf Rauschen.
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