Landeshauptstadt: Fraunhofer-Campus wächst
Das saarländische Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) eröffnete Institutsteil in Golm
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Golm – Der Wissenschaftspark Golm hat eine Innovationsschmiede mehr. Neben den schon vorhandenen vier Max-Planck- und Fraunhofer-Instituten ist gestern eine Zweigstelle des Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) eröffnet worden. Das Institut ist Teil des Mutterhauses im saarländischen St. Ingbert. „Teilinstitut“ ist allerdings untertrieben, auf über 4000 Quadratmetern Hauptnutzfläche ist in eigenwilliger Architektur ein Haus für rund 160 Mitarbeiter entstanden, das einem vollwertigen Institut gleicht. Insgesamt flossen 22,5 Millionen Euro in den Bau, zur Hälfte aus EU-Mitteln und je zu einem Viertel aus Bundes- und Landesgeldern.
Forschungsschwerpunkte werden hier, in Abgrenzung zu den anderen IBMT-Instituten, im Bereich molekulare Bioanalytik, Bioelektronik und Biochip-Technologie gesetzt. Ein Fokus dabei ist die individuelle Diagnostik im Gesundheitswesen, die in Zukunft auf die einzelne Person zugeschneiderte Therapien ermöglichen soll. Bis heute werden Medikamente nach Mittelwerten dosiert. In Golm sollen auch DNA-Chips entstehen, um beispielsweise Allergie-Gene und Geflügelviren zu scannen. Onko-Chips werden ihren Einsatz in der Tumortherapie finden. Das IBMT entwickelt für diese Verfahren Technologien, die angewandte Forschung wird zu 70 Prozent aus der Wirtschaft finanziert.
Wie der stellvertretende Institutsleiter des Golmer IBMT, Prof. Frank Bier, den PNN sagte, ist in einem neuen Projekt vorgesehen, Moleküle zu konstruieren, die selbst schalten. „Die Vision sind sensorische Textilien“, so Bier. Denkbar wäre etwa ein Taschentuch, das die Viren-Art eines Schnupfens erkennt und dem Apotheker über seine Farbe signalisiert, welche Medizin nötig ist. In solchen Forschungsfeldern arbeite man auch eng mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) zusammen, das fußläufig über den neu entstandenen Fraunhofer-Campus zu erreichen ist. Getrennt werden die beiden Institute von einem kleinen Park mit Wasserfläche, Kiefernhain und Brücke.
„In Golm entsteht Zukunft“, lautete gestern zur Eröffnung das Fazit des Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft Prof. Hans-Jörg Bullinger. Studien würden zeigen, dass die besten Forscher dorthin gehen, wo sie die besten Arbeitsbedingungen finden. „Hier in Golm kann es bezüglich dieser Bedingungen keine Ausreden mehr geben“, so Bullinger. Prävention in der Medizin sei eines der Erfolgsfelder, für die das IBMT seit 20 Jahren bekannt ist. Bullinger nannte in diesem Zusammenhang auch ein Verfahren für die Aids-Medizin, das die Bill & Melinda Gates-Foundation nun nutze. Diese Technik setze weltweit Maßstäbe.
Ministerpräsident Platzeck betonte, dass an Brandenburgs größtem Wissenschaftsstandort Golm heute 1500 Beschäftigte und über 6000 Studierende lernen und arbeiten. Nach einer Einschätzung der Unternehmensberatung Ernst & Young sei Berlin-Brandenburg bereits heute eine führende Adresse unter Deutschlands Biotechnologie-Regionen.
Der Vorschusslorbeeren waren dann zur Eröffnung des Instituts noch viele. Doch wo viel Licht ist, gibt es auch Schatten. So erklärte IBMT-Chef Prof. Günter Fuhr stolz das Prinzip der Docking-Station des Gebäudes. Hier können bis zu 20 Container andocken, für Arbeiten unter Hochsicherheitsbedingungen – etwa mit Viren. Danach würden die Container zurück zu den Kunden transportiert oder entsorgt. „Dann haben wir die Schweinerei nicht im Hause“, so Fuhr. Befürchtungen, es könnten Risiken für die Umgebung entstehen, trat er entgegen. Es seien keine Gefahrgut-Transporte geplant. Auch die Entsorgung vor Ort durch Erhitzen sei gefahrlos.
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