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Form vollendet. Der Neubau des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) schließt den Campus-Griebnitzsee nach Osten hin ab (l.). HPI-Stifter Plattner (o.l.) nahm mit Ministerpräsident Matthias Platzeck (M.) und Institutschef Christoph Meinel (r.) unter der Freitreppe Platz, die bis ins vierte Stockwerk führt.

© Andreas Klaer

Von Jan Kixmüller: Frei schwebend

Am Hasso-Plattner-Institut wurde das neue Hauptgebäude eröffnet. Ein ungewöhnlicher Bau

Stand:

Babelsberg – Bevor die Gäste zur Einweihung kamen, traf Hasso Plattner Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck vor dem Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI). „Wenn die in der Zwischenzeit umgefallen wäre“, sagte er zu Platzeck und deutet auf eine hohe alte Kastanie, die von dem viergeschossigen 25-Millionen Euro teuren Neubau galant umschwungen wird. Seinen Schwung verdankt der Neubau vor allem auch diesem Baum, den der SAP-Mitbegründer und HPI-Stifter Plattner auf keinen Fall durch das neue Hauptgebäude des Instituts gefährdet sehen wollte.

Funktionalität, Transparenz und Harmonie, das sind drei Maxime, die den 4000-Quadratmeter Neubau charakterisieren, der nun den Uni- und HPI-Campus am Bahnhof Griebnitzsee in Richtung Berlin abschließt. Wie einen fehlenden Baustein hatte einst der Architekt Mark Braun den Bau mit einem eleganten Bogen zwischen die bestehenden Häuser gezogen. Das am Freitag eröffnete Gebäude wurde für den früh verstorbenen Architekten, der an der Berliner Reichstagskuppel mitgewirkt hatte, zu einer Art Vermächtnis. Für das Plattner-Institut und für die Stadt Potsdam wird er nun zu einem Sinnbild der Moderne. Sowohl äußerlich durch seine ungewöhnliche Formsprache, als auch in seinem Inneren, durch eine gewagte Freitreppe bis unters Dach, durch viel Glas und Stahl und durch kreative IT-Studien und -Forschungen, die hier nun stattfinden werden. Am HPI werden Softwaresystemtechniker ausgebildet, junge Menschen, die am Fortbestand unserer technikdominierten Lebenswelt stricken.

Als Sinnbild dafür, dass dabei bestehende Werte mit Innovation und Kreativität in Synergien gebracht werden sollen, ruht nun die alte Kastanie fest verwurzelt vor dem neuen High-Tech-Tempel auf einer grünen Insel – sozusagen als Orientierungs- und Ankerpunkt. Das neue Hauptgebäude sollte nicht nur schwungvoll sein, sondern auch offen, transparent und ohne Ecken. Die wenigen Jahre, die die Studierenden im Leben halbwegs frei seien, sollten sie nicht von einem Hochschulgebäude eingeengt werden, so Plattner. Nur so könne sich der freie Geist entwickeln, der Voraussetzung für Kreativität sei.

Wenn man die nicht enden wollende Freitreppe in die lichten Höhen des bumerangförmigen Neubaus emporsteigt, erhält man ein Gefühl dafür, von welcher Freiheit die Rede ist. Bis hin zum Schwindel, der einem beim Blick nach unten zu überfallen vermag. Doch Plattner scheint keine Schwindelgefühle zu kennen. Auch nicht, wenn der Neubau doch teurer wird als die veranschlagten 25 Millionen Euro, wenn er aus eigener Tasche nachfinanzieren muss. Nur, wenn er an die schwindende Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf dem globalen IT-Markt denkt, scheint ihn eine Schwäche zu überkommen. Länder wie Indien und China würden mithilfe von hohen Studiengebühren starke Hochschulen aufbauen, mahnt Plattner. „Und bei uns wird alles mit Steuergeldern gemacht, hier brauchen wir ein prinzipielles umdenken“, forderte der Stifter. Plattner wäre nicht Plattner, wenn er nicht immer wieder davor warnen würde, dass wir uns im Lande verzetteln, den weltweiten Anschluss verpassen.

Für das Plattner-Institut wolle er aber keine Gebühren erheben. Er will keinen Alleingang, es geht ihm ums große Ganze. In den über 100 neuen Räumen wird am HPI fortan weiter gebührenfrei geforscht und studiert. Im obersten Geschoss wird die „School of Design Thinking“ einziehen, frei über den restlichen Räumen schwebend, ohne Mauern. Der offene Geist, mit dem die Studierenden hier über Innovationen nachdenken sollen, spiegelt sich in der ungewöhnlichen Architektur wider.

Den unbändigen Fortschrittsglauben ein wenig aufhalten, wollte dann aber doch jemand bei der Eröffnungsfeier. Der ehemalige Kulturstaatsminister und neue Cicero-Chefredakteur Michael Naumann bat in seinem Festvortrag mit kulturpessimistischem Skeptizismus die angehenden Software-Architekten, bei all der sonnendurchfluteten digitalen Zukunft den Mensch nicht zu vergessen. „Sie sollten immer im Auge behalten, welche Kraft es ist, für die sie arbeiten und welche Rolle sie spielt für die Freiheit und das Glück der Menschen“, gab er den IT-Profis mit auf den Weg.

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