
© Andreas Klaer
Unions-Klausur in Potsdam: Friedenspfeife auf Hermannswerder?
Die Unionsparteien CDU und CSU wollen ihren Zwist in Potsdam beilegen. Dazu treffen sie sich nun auf der idyllischen Halbinsel.
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Hermannswerder - An drei Seiten umrahmt von Wasser, die nötige Abgeschiedenheit und etwas kirchlicher Beistand. Vom 24. bis 25. Juni wollen sich die Unions-Spitzen auf der Halbinsel Hermannswerder zu einer Klausurtagung treffen. Unter anderem soll dort der seit Monaten andauernde Streit zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik beigelegt werden.
Der Gipfel soll im Tagungshaus der evangelischen Hoffbauer-Stiftung stattfinden. „Wir sind sehr geschmeichelt und freuen uns“, sagte deren Sprecherin Heidrun Spengler den PNN. Die Insel sei durchaus geeignet dafür. Im Tagungshaus gibt es demnach sechs Seminarräume, für große und kleine Gruppen. Bei schönem Wetter laden Terrassen und Rasenflächen zum Aufenthalt an der frischen Luft ein, wie es auf der Internetseite der Stiftung heißt. „Man ist hier ein bisschen aus der Welt“, so Spengler. Um sich in Ruhe auszusprechen, gibt es auf Hermannswerder gute Gelegenheiten. So könnten Einzelgespräche an einem nahen Steg an der Havel stattfinden. Teilnehmer der Klausurtagung könnten sich dorthin zurückziehen oder aber die nahe gelegene Inselkirche besuchen.
Genauer Ablauf noch unklar
Der genaue Ablauf der Klausurtagung steht noch nicht fest. Am kommenden Dienstag werde es ein Vorbereitungsgespräch mit Vertretern der CDU geben, sagte Spengler. Dann gehe es unter anderem um Sicherheitsfragen. „Das ist aber eigentlich Alltag“, so die Sprecherin. Auch die Betreuung der Kinder und Jugendlichen im Gymnasium auf der Halbinsel werde durch den prominenten Besuch vermutlich nicht leiden. Die Union plane eine Arbeitssitzung und wolle möglichst ungestört sein, sagte Spengler. Sie würden daher erst anreisen, wenn die Schüler in der Kantine zu Mittag gegessen hätten.
Ob sich CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie CSU-Chef Horst Seehofer aber tatsächlich in Potsdam aussprechen und ihren Streit beilegen können, ist zumindest unsicher. Die Fülle an Themen, die auf der Klausur diskutiert werden soll, macht einen dicht gedrängten Ablauf unvermeidbar. Man werde wohl schon am Freitagnachmittag „in medias res“ gehen, hieß es. Wie die Generalsekretäre von CDU und CSU, Peter Tauber und Andreas Scheuer, am gestrigen Donnerstag mitteilten, sollen an den zwei Tagen die „langfristigen globalen Entwicklungstrends“ besprochen werden. Als Schwerpunkte nannten sie Wettbewerb und Innovation, Bevölkerungsentwicklung und Migration, Ressourcenknappheit und Umwelt, innere und äußere Sicherheit, Kampf gegen den Terror, Europas Rolle in der Welt und den Zusammenhalt der Gesellschaft. „Als Union wollen wir diese großen Zukunftsthemen gemeinsam diskutieren und schrittweise Antworten auf die genannten Herausforderungen geben“, betonten sie.
Abstimmung zu Brexit könnte für Unruhe sorgen
Zusätzliche Brisanz erhält das Treffen, weil am Tag davor, am 23. Juni, in Großbritannien die Abstimmung über einen EU-Austritt des Landes stattfindet. Ein „Ja“ der Briten könnte unabsehbare Folgen für die gesamte Europäische Union haben. Bundeskanzlerin Merkel wolle daher in der Nähe von Berlin bei ihren Beratern bleiben, um schnell reagieren zu können, hieß es dazu am gestrigen Donnerstag aus Unionskreisen.
Der Grund für die Klausur ist das tiefe Zerwürfnis zwischen Merkel und Seehofer in der Flüchtlingspolitik. Seit Monaten gibt es immer wieder Attacken von Seehofer und anderen CSU-Größen gegen die Entscheidung Merkels vom September vergangenen Jahres, die Grenzen für Flüchtlinge offen zu lassen. Die Stimmung wirkte seither vergiftet. So hatte es sogar längere Diskussionen darüber geben, wo das geplante Treffen der Parteispitzen stattfinden soll. Der Streit werde zwar nicht im Mittelpunkt stehen, hieß es aus Unionskreisen. Dennoch gehe es auch darum, das persönliche Verhältnis wieder „angenehmer“ zu machen. Da könne auch die Umgebung von Hermannswerder helfen. Hier könne man in Ruhe miteinander sprechen, hieß es von der Union.
Neutraler Ort gesucht
Seehofers Sprecher Jürgen Fischer zufolge wollten sich die Schwesterparteien ursprünglich „auf halbem Weg“ an einem neutralen Ort treffen. Wegen der Brexit-Wahl habe die CDU aber darum gebeten, die Klausur in der Nähe von Berlin auszutragen. Berlin „hätte schon eine gewisse Symbolik gehabt“, so Fischer. Die Wahl sei schließlich auf Potsdam gefallen. Es werde natürlich auch Einzelgespräche zwischen Merkel und Seehofer geben. „Es ist ja nicht so, dass wir im Kampfanzug und mit Kalaschnikow anreisen“, so Fischer. Wo die bayerische Delegation übernachten wird, steht indes noch nicht fest. Das Hotel werde aber mit hoher Sicherheit in Potsdam sein. In den vergangenen Jahren gab es mehrfach wichtige Klausurtagungen auf der Halbinsel Hermannswerder. Immer im Frühjahr trifft sich etwa im Inselhotel die SPD-Bundesspitze.
Stefan Engelbrecht
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