Landeshauptstadt: Friedrich und die Generation Facebook
Voltaire hat am gestrigen Montag mal eben einen neuen wissenschaftlichen Artikel geschrieben – „natürlich erst nach einem schönen Frühstück mit einem Croissant“ –, Carl Philipp Emanuel Bach schickt seinen Freunden einen musikalischen Gruß zum Wochenstart und Preußenkönig Friedrich II. philosophiert über das Leben nach dem Tod: „Alle Welt stellt sich das Jenseits als einen Ort voller Watte und Engel vor.
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Voltaire hat am gestrigen Montag mal eben einen neuen wissenschaftlichen Artikel geschrieben – „natürlich erst nach einem schönen Frühstück mit einem Croissant“ –, Carl Philipp Emanuel Bach schickt seinen Freunden einen musikalischen Gruß zum Wochenstart und Preußenkönig Friedrich II. philosophiert über das Leben nach dem Tod: „Alle Welt stellt sich das Jenseits als einen Ort voller Watte und Engel vor. Wie langweilig!“ Erst vor wenigen Tagen musste der König den Tod des Philosophen La Mettrie beklagen, den es nach einem Schlemmer-Abend mit zu viel, wahrscheinlich verdorbener oder sogar vergifteter Pastete plötzlich dahingerafft hat.
Seit gut drei Wochen führen der „Alte Fritz“ und etliche seiner Zeitgenossen auf der Internet-Plattform „Facebook“ eine virtuelle Existenz. Hintergrund ist das Projekt „fritzplus“ des Kölner Geschichts- und Philosophiestudenten Jan Mocka, das vom Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) gefördert wird: Mocka hat dafür eine Art Rollenspiel fürs Internet entwickelt (PNN berichteten).
Das ist nun in die Praxisphase gegangen: Studenten aus Potsdam und Berlin lassen Friedrich und etwa ein Dutzend seiner Zeitgenossen als Facebook-Profile lebendig werden. In dem sozialen Netzwerk tauschen sich die historischen Gestalten noch bis Anfang Mai über ihre Gedanken und über ihren Alltag aus – auf der Grundlage von historischen Fakten. Rahmenhandlung ist die Reise Voltaires an Friedrichs Hof. Die Figuren reagieren auch auf Kommentare von anderen, heutigen, Facebook-Nutzern. 285 Freunde hat der alte Fritz schon sammeln können.
„Wir hoffen, so die Facebook-Generation für geschichtliche Inhalte begeistern zu können“, erklärt Jan Mocka. Der 22-Jährige glaubt, dass man das Internet auf diese Weise pädagogisch nutzen kann. Diese Idee soll nach Projektende weiterverfolgt werden: Bei einem Abschlusstreffen mit allen „Mitspielern“ soll auch diskutiert werden, in welcher Form man die Ergebnisse des Experiments veröffentlichen kann. Jana Haase
www.fritzplus.de
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