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Landeshauptstadt: Friedrichs Antidepressivum

KPM-Galerieleiterin Susanne von Hein über das Porzellan im Potsdamer Stadtschloss

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Warum nur diese Farbe? Ein gelbes Schuppenmuster zierte den Rand der Teller im Potsdamer Stadtschloss, helle und freundliche Töne bestellte der König auch für die Blumenbuketts, die auf die Spiegel der Teller gemalt waren: „Ein Gelb, das so strahlt und lebt und sonnig wirkt“, schwärmt Susanne von Hein. Dabei war die Lieblingsfarbe Friedrichs des Großen doch blau, genauer „bleu mourant“ – das „sterbende Blau“, ein blasser, stumpfer Blauton –, wie die Leiterin der KPM Galerie in der Brandenburger Straße zu erzählen weiß. Für das ungewöhnlich sonnige Geschirr im Stadtschloss hat sie allerdings eine Erklärung: Das Geschirr, meint sie, war eine Art „Antidepressivum“ gegen das düstere Wintergrau. Denn Potsdam war schließlich der Wintersitz des Königs.

Zusammen mit KPM-Porzellanmalerin Claudia Tetzlaff erzählte von Hein gestern Vormittag beim Workshop im Dorint-Hotel nicht nur, wie so ein Teller entsteht: Die Teilnehmer durften sich selbst an der wertvollen Porzellanmasse versuchen. Einen großen Klumpen davon hatte von Hein mitgebracht: 16 Stunden dauere es allein, die drei Bestandteile – Karolin, Feldspat und Quarz – in kleinste Teile zu zerreiben und mit Wasser zu einer geschmeidigen Masse zu binden. Diese wird dann durch ein Sieb mit 6000 Löchern pro Quadratzentimeter gedrückt, erklärte von Hein. Mit einem Elektromagneten wird die Masse von Eisenstaub befreit, so dass es im fertigen Geschirr keine schwarzen Pünktchen gibt und es wirklich „weißes Gold“ wird. Das Wasser wird herausgepresst – und die Porzellanmasse muss ruhen: Sie lagert vier bis sechs Wochen im Keller, ehe sie verarbeitet werden kann. Danach geht es an die Modellierung und die Bemalung: Vier Stunden braucht Claudia Tetzlaff, um das Bukett von Streublumen für einen Teller zu malen. Das sieht auf jedem Teller anders aus – spezielle Kundenwünsche werden berücksichtigt.

„Alles Handarbeit“ , betont von Hein. 170 Mitarbeiter arbeiten in der Manufaktur in Berlin Tiergarten – nur zehn mehr als im Jahr 1763, als Friedrich der Große den Betrieb aufkaufte und damit vor dem Bankrott rettete. Eine ähnliche Rettungsaktion erlebte der Traditionsbetrieb erst vor zwei Jahren: Damals kaufte der Bankier Jörg Woltmann die KPM vom Land Berlin und stellte das Weiterleben sicher. Auf Woltmanns Wunsch hin entstand im vergangenen Sommer auch die Verkaufgalerie in Potsdam. Viele Touristen, aber auch „Neupotsdamer“ seien die Kunden der Filiale gleich beim Brandenburger Tor, sagt Susanne von Hein.

In Potsdam setzt sich Woltmann auch für den Wiederaufbau der Garnisonkirche ein: So bot KPM 2007 eine Weihnachtskugel an, deren Verkaufserlös zum Teil in den Wiederaufbau der Kirche fließen soll. Dieses Engagement soll fortgesetzt werden, sagt die Galerie-Leiterin: In diesem Jahr werde es eine kleine Porzellanschale für den Kirchenaufbau geben: „Das ist unsere Pflicht als Traditionsunternehmen.“

Die Porzellanteller, von denen Friedrich der Große einst im Potsdamer Stadtschloss gespeist hat, sind übrigens heute noch im KPM-Programm – unter dem Namen „Rocaille“: Die Königin von England, der spanische König und der Sultan von Brunai nennen ein solches Service ihr Eigen, weiß von Hein. Eine „etwas schlichtere Version“ gibt es im Berliner Schloss Bellevue. Jana Haase

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