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Landeshauptstadt: Frust in der Tafel-Runde

Ministerpräsident Matthias Platzeck besuchte die Potsdamer Tafel – mit einer Spende von 500 Euro

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Am Schlaatz - Eigentlich ist sein Terminplan eng gesteckt. Doch für das gestrige Treffen mit den Organisatoren und ehrenamtlichen Helfern der Potsdamer Tafel hatte sich Matthias Platzeck extra Zeit genommen und kam am Vormittag in das Bürgerhaus am Schlaatz. Wie es denn der sozialen Einrichtung ginge, wollte der brandenburgische Ministerpräsident von der Vereinsvorsitzenden Marina Gräfin Strachwitz und Vorstandsmitglied Johannes Wegner wissen.

Diese Frage hätte der SPD-Vorsitzende vielleicht nicht gleich zu Beginn des Treffens bei Kaffee und Kuchen stellen sollen. Denn bei Strachwitz und Wegner hat sich in den vergangenen zwei Jahren Frust angestaut. Darüber, dass ihre Vereinsräume im Bürgerhaus am Schlaatz „aus allen Näthen platzen“. Und darüber, dass sie deshalb die Versorgung von Bedürftigen nicht in vollem Umfang sicher stellen können. Dafür bedürfte es eines großen Lagerraums, der bestenfalls auch kühlbar sein sollte. Dann nämlich könnte man die von Lebensmittelhändlern und Sponsoren zur Verfügung gestellten Nahrungsmittel ordnungsgemäß lagern, auch über einen längeren Zeitraum.

Aber solche Räume gibt es nicht, zumindest nicht bislang. Drei Objekte hatten Strachwitz und Wegner ins Auge gefasst. Die Überprüfung durch die Sozialbeigeordnete Elona Müller ergab jedoch, dass die Stadt keinen Zugriff auf diese Liegenschaften hat. Deshalb erbat Johannes Wegner gestern bei Matthias Platzeck eine Zuwendung aus Lottomitteln. Ersten Überschlagsrechnungen zufolge bräuchte die Potsdamer Tafel für die benötigten Büroräume mit Lagerfläche und angeschlossenem Parkplatz für die Lebensmitteltransporter etwa 600 000 Euro.

Diese Summe erschien Matthias Platzeck illusorisch: „Das übersteigt alle Lotto-Mittel.“ Er bot an, ein Gespräch mit Oberbürgermeister Jann Jakobs zu führen, damit dieser bei der Suche nach einem geeigneten, sprich: bezahlbaren, Objekt behilflich sei. Mit diesem vagen Versprechen wollte sich Johannes Wegner nicht zufrieden geben. „Wir haben nun mal diese Menschen, die in Not sind und denen geholfen werden muss. Da reicht es nicht, vom Oberbürgermeister zu Weihnachten eine Kiste Schokolade zu bekommen“, sagte Wegner mit Nachdruck.

Unterstützung bei seiner Forderung erhielt Wegner von drei ehrenamtlichen Helferinnen. Sie wiesen darauf hin, dass allein in den letzten drei Jahren die Anzahl der Bedürftigen, die einmal wöchentlich, immer donnerstags zwischen 11.30 Uhr und 13 Uhr zur Ausgabestelle im Bürgerhaus am Schlaatz kommen, von 50 auf 125 gestiegen ist. Insgesamt suchen in Potsdam wöchentlich 1000 Menschen die drei Ausgabestellen der Tafel auf. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Bedarf an Lebensmitteln stark gestiegen: von 400 auf 450 Tonnen.

Gerade kurz vor Weihnachten sei die Zahl der Menschen, die sich Hilfe suchend an die Potsdamer Tafel wenden, hoch, so Marina Gräfin Strachwitz. Grund dafür seien steigende Arbeitslosigkeit und Hartz IV. „In letzter Zeit kommen vor allem immer mehr Familien mit Kindern.“ Mitunter stünden sie bereits anderthalb Stunden vor Beginn der Lebensmittelausgabe an.

„Ich kann ihnen versichern, dass ich nicht froh darüber bin, dass wir solche Einrichtungen hier in Potsdam haben. Das ist ein Zeichen dafür, dass es den Menschen schlecht geht“, sagte Platzeck. Zugleich lobte er aber auch das Engagement der Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer. 35 Mitarbeiter sind im Büro tätig oder fahren die Lebensmittel aus, die zuvor eingesammelt werden. Hinzu kommen die vornehmlich weiblichen Helfer, die die Nahrungsmittel an den Ausgabestellen im Bürgerhaus, in der Schopenhauer Straße und am Kirchsteigfeld verteilen.

Als kleines symbolisches Dankeschön für ihr Engagement überreichte Matthias Platzeck am Ende seines Besuchs eine Spende von 500 Euro. Mit dem Geld soll zumindest ein Teil der laufenden Kosten, etwa für Telefon oder Benzin, gedeckt werden. Auf eine größere Unterstützung durch die Stadt in Form von neuen Vereinsräumen können Marina Gräfin Strachwitz und Johannes Wegner allerdings erst für das kommende Jahr hoffen.

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